Magdeburg/MZ. "Das gibt's ja wohl
nicht!" Rene Brandes schaut entgeistert der Limousine des
Ministerpräsidenten Reinhard Höpnner (SPD) hinterher. "Der ist nicht
mal ausgestiegen. Kein einziges Wort zu uns", empört sich der
Betriebsrat-Sprecher des stillgelegten Flughafens Cochstedt
(Landkreis Aschersleben-Staßfurt).
Mit 30 seiner seit Jahresanfang frei gestellten Kollegen ist er
vor den Magdeburger Landtag gezogen, um mit einer Mahnwache den
Parlamentariern "die dramatische Situation" der insolventen
Flughafen-Betreibergesellschaft klar zu machen. Die Feuerwehrleute
und Flugleiter buhen Höppner hinterher. "Beim Spatenstich in
Cochstedt hat er vor Jahren noch große Reden geschwungen", zischt
Brandes. "Jetzt will er davon nichts mehr wissen." Dabei habe das
Land dort 45 Millionen Euro Fördermittel versenkt. Aus einem
Autolautsprecher tönt die Film-Musik "Spiel mir das Lied vom Tod".
Andere Politiker sind zu einem kurzen Gespräch bereit.
Verkehrsminister Jürgen Heyer (SPD) wird sofort dicht umdrängt. Sein
Vorstoß, den gescheiterten "Gewerbepark mit angeschlossener
Landebahn" zum Regionalflughafen für den Großraum Magdeburg zu
machen, ist für die Cochstedter ein Hoffnungsschimmer.
"Es ist völlig illusorisch, so einen Flugplatz ohne
Betriebskostenzuschuss kostendeckend betreiben zu können", erklärt
Heyer denn auch und versichert, zwischen Ascherslebens Landrat
Thomas Leimbach (CDU) und Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper
(SPD) "zu moderieren". Heyers Ziel: "Cochstedt weiter zu führen
statt den Flugplatz Magdeburg-Süd mit 25 Millionen Euro
Landesmitteln auszubauen", wie es die Landeshauptstadt plant. "Wir
versuchen, bis Ende Januar eine Regelung hinzukriegen", ruft Heyer.
Doch dann verschlagen ihm die Neuigkeiten, die ihm die
Cochstedter um die Ohren hauen, die Sprache. Vor zwei Tagen hat
ihnen der Insolvenzverwalter mitgeteilt, dass sie Ende Februar
gekündigt sind, wenn bis dahin kein Investor gefunden ist. Und nach
dem wird seit Jahren vergeblich gesucht. Die Feuerwehrautos hätten
die Gläubigerbanken schon abtransportieren lassen. Magdeburg habe
schon Interesse an den Navigationsanlagen angemeldet. Das Dach des
neuen Abfertigungsgebäudes weise Sturmschäden auf - die zuständige
Baufirma gibt es nicht mehr, weil das Land die Zahlung der
Fördermittel eingestellt hat. Und seit zwei Wochen sichern die
Kumpels freiwillig und unentgeltlich den leeren Flugplatz gegen
Zerstörung. "Ab heute ist damit Schluss", teilt Brandes dem
ahnungslosen Verkehrsminister mit. "Noch nicht mal eine Bezahlung
auf 315 Euro-Basis haben wir erreichen können."
Detlef Gürth, verkehrspolitischer Sprecher der oppositionellen
CDU-Fraktion, ist erschüttert. "Es wird immer verrückter. Dabei
wissen Vertreter von Wirtschafts- und Verkehrsministerium seit
Dezember, dass die Sicherung des Flugplatzes völlig ungeklärt ist",
wirft der Abgeordnete aus Aschersleben ein. Es werde immer
fraglicher, den Flugbetrieb überhaupt je wieder aufnehmen zu können.
Die begehrten Fluglotsen sind schon in Westdeutschland und
etliche der Cochstedter Belegschaft werden ihnen wohl bald folgen.
Wie Thomas Maas aus Egeln, Kommunikationselektroniker und bisher
Verkehrsleiter in Cochstedt. "Wenn das Projekt scheitert, hat sich
Sachsen-Anhalt und der Osten für mich erledigt", sagt der
38-Jährige. Auch Rene Brandes will sich dann "in Richtung
Frankfurter Flughafen absetzen". Und Elektronikingenieurin und
Flugleiterin Gabriele Renner, die ihre Heimat Dresden gegen
Magdeburg tauschte, sieht "keine Chance, hier einen Job zu finden".
Heute will sich der Verkehrsausschuss noch einmal dem Thema
Cochstedt widmen. Kein wirklicher Trost für die
Demonstranten. |