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27.03.2002  Magdeburg, News:
Die Suche nach dem Phantom: Wer sprach von 250 Hunden?

Magdeburg - Oberbürgermeister Lutz Trümper entschied gestern völlig überraschend, dass der Stadtrat nun doch nicht über das neue Tierheim am 11. April abstimmen wird. Grund: Trümper will klären, "ob die bislang kalkulierte Größe und Kapazität des neuen Tierheimes tatsächlich benötigt wird". Im Mai 2001 hatte der Stadtrat aber selbst ein Heim für 250 Hunde, 150 Katzen und 36 sonstige Tiere beschlossen.

Von Jens-Uwe Jahns

OB zieht Tierheim-Vorlage zurück

Am Montag nahm sich OB Lutz Trümper ein Herz. "Fahr mich mal ins Tierheim", raunte er seinem Chauffeur ins Ohr. Völlig unvermittelt stand der Rathauschef erstmals in seinem Leben dann vor den Zwingern in der Rothenseer Straße. Dumm: Vier Zwinger waren leer, noch kein einziges Mal musste in diesem Jahr ein Tier wegen Überfüllung abgewiesen oder an eine Hundepension weitergegeben werden.

Am Abend schilderte der OB seine neue Erkenntnis in der SPD-Fraktion. Wie schon einige Mitglieder im Bauausschuss stellten sich auch die Genossen plötzlich die Frage der Fragen: "Wie ist eigentlich der Bedarf von 250 Hunde- und 150 Katzenplätzen entstanden?"

Das konnte Trümper auch auf dem Dienstweg am Dienstag nicht herausfinden: "In der Tierheimakte fand sich kein Beleg dafür, wie diese Größenordnung berechnet worden ist. Es ist eine Phantomzahl." Der OB zog daraufhin gestern die Drucksache Tierheim-Neubau von der Tagesordnung des Stadtrates am 11. April zurück. Trümper: "Jetzt will ich zuerst geklärt haben, ob die bislang kalkulierte Größe und Kapazität des neuen Tierheims auch benötigt wird."

Derzeit leben 100 Tiere, davon 60 Hunde, im Tierheim Rothenseer Straße. In beengten Verhältnissen, wie Trümper weiß: "Und an einem Neubau führt auch kein Weg vorbei. Nur ist die Frage: Wie groß muss er sein?"

Dr. Marion Schröck, Vorsitzende des Tierschutzvereins von 1893, ist über die Entscheidung des OB "erschüttert": "Nach der neuen Hundehaltungsordnung müssen die Zwinger größer werden. Jetzt mit kleineren Grundstücken anzufangen, ist ein Witz. Zumal: Die Bedarfszahl von 250 Hunden stammt doch aus Trümpers eigenem Haus - aus dem Veterinäramt."

Dort erfährt die Volksstimme: Die Stadt habe kein Tierheim für die nächsten 5, sondern für 20 bis 25 Jahre bauen wollen, deshalb sei der Bedarf hochgerechnet worden: Bis zu 150 Hunde kämen allein durch die Folgen der Gefahrhunde-Verordnung auf uns zu (erst gestern hat Minister Püchel per Juni eine weitere Verschärfung angekündigt}. Auch Fundtiere, Pensionshunde oder Vierbeiner, die aus vielerlei Gründen zu Hause nicht mehr gehalten werden können, dürfen oder sollen, müssten ins Heim, so ein Insider aus dem Amt.

Dass jetzt die Ausgangsgrößen für das Heim generell in Frage gestellt werden, ist für Dagmar Fenrich, Vorsitzende des Tierfördervereins, "unglaublich": "Mir ist, als hätte ich seit 1999 mit Blödmännern zu tun gehabt und mich völlig umsonst engagiert."

Trümper selbst spricht von einem "unglaublichen Vorgang innerhalb der Verwaltung": "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass eine Verwaltung einem Stadtrat eine Beschlussvorlage auf den Tisch legt, in der nicht einmal die Ausgangsgröße nachweisbar ist." Jetzt wolle er mit den Tierschutzvereinen und den zuständigen Ämtern konkret auflisten, wie viel "Tierheim Magdeburg nun genau braucht".

Die Standortfrage ist davon unberührt - allerdings ist der Weg zum neuen Tierheim nicht kürzer geworden.   (LRMD)
 
 
 
 
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