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15.08.2001  Magdeburg, News:
Gutachten: Zuschüsse für Flugplatz noch bis 2015 -

Magdeburg - Nach dem ersten Anlauf im Juni steht am Donnerstag erneut die Wirtschaftlichkeit des Flugplatzes Süd auf der Tagesordnung im Stadtrat. Erwartet wird eine generelle Weichenstellung zum jahrelangen Dauerstreit: Flugplatzausbau ja oder nein.

Nach Wirtschaftlichkeitsprüfung soll Stadtrat morgen entscheiden

Flughafen GmbH-Chef Peter Fechner verwies in einem Volksstimme-Gespräch auf die glasharte Konsequenz: Akzeptiere am Donnerstag die Mehrheit der Stadträte nicht die von der Wibera geprüfte mittel- und langfristige Unternehmensplanung bis 2010, sei die Flugplatzdiskussion praktisch beendet. Stehe nämlich die Stadt nicht zu dem dort vorgelegten und von den Prüfern mit Einschränkungen abgesegneten Entwicklungsprogramm und den Zuschüssen, würde das Land erst recht nicht finanziell einsteigen. Das aber wäre allererste Voraussetzung für einen Ausbau.

Allerdings ist bei einer Zustimmung zu der vorgelegten Entwicklungsplanung der Ausbau des Flugplatzes nicht automatisch beschlossene Sache. Doch erst nach Zustimmung könnte laut Ratsbeschluss eine grundsätzliche Vorlage für den weiteren Ausbau des Flugplatzes bis 2005 ausgearbeitet werden. Über diese wird dann nochmals grundsätzlich entschieden.

Zum Hintergrund: Bereits im Oktober 2000 hatte die Flughafen GmbH eine mittel- und langfristige Unternehmensplanung für den Ausbau des Verkehrslandeplatzes vorgelegt. Grundlage dafür waren der Planfeststellungsbeschluss über die Erweiterung des Flugplatzes, die deshalb notwendige Teilverlegung der Bundesstraße B 71 und eine aktualisierte Verkehrsprognose (Juni 2000) mit Fahrgastzahlen, Linien- und Charterverkehr.

Bei dem politischen Dauerbrenner setzte sich jedoch eine Mehrheit im Stadtparlament durch, die die Wirtschaftlichkeit des auch in Teilen der Bevölkerung umstrittenen Projektes weiter anzweifelten. Um mehr Sicherheit zu haben, beauftragte der Stadtrat deshalb die Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Wibera mit der Prüfung dieser Unternehmensplanung.

Die prüfte im Februar, das Ergebnis liegt seit Mai dieses Jahres vor. Die Wibera bescheinigt in ihrem Prüfbericht der Flughafen GmbH eine Planung, die "insgesamt sorgfältig und den Erfordernissen entsprechend erarbeitet wurde".

Zugleich aber gab es Korrekturen vor allem bei den geplanten Einnahmen, die sie um rund 200000 Mark reduzierte. Gleichzeitig hat sie die betrieblichen Kosten um 400000 Mark erhöht. Entsprechend höher wird der Zuschussbedarf aus der Stadtkasse für die Flughafen GmbH in den kommenden Jahren ausfallen.

Das jährliche Minus soll 2001 bei 1,2 Millionen Mark liegen, 2005 auf rund 1,3 Millionen Mark ansteigen und im Jahr 2010 auf 700000 Mark zurück gehen.

Grundsätzlich, so ist dem Wibera-Bericht zu entnehmen, ließen "sowohl Planungen der Flughafen GmbH als auch die korrigierte Planrechnung erkennen, dass auch mit den prognostizierten Entwicklungen des Luftverkehrs am Standort Magdeburg die Stadt bis zum Jahr 2015 die Verlustausgleiche zu tragen hat".

Allerdings verringere sich laut dieser Planung ab dem Jahr 2007 der Zuschussbedarf stetig. Voraussetzung ist dabei, dass die geplanten Zahlen der Verkehrsentwicklung auch tatsächlich zutreffen. Konkrete Zahlen zu Flugbewegungen oder Passagieren wollte Peter Fechner gestern nicht nennen - darum ginge es in dieser Phase nicht, sagte er.

Laut Planungen der Flughafen GmbH wird die erste Ausbaustufe als grundlegende Investitionsphase bis 2005 mit insgesamt ca. 26 Millionen Mark zu Buche schlagen. Davon soll die Stadt gut 15,5 Millionen Mark tragen. Das sind rund drei Millionen Mark mehr als bislang für diesen Zeitraum angenommen worden waren. Zu den Investitionen gehören unter anderem der Grundstückserwerb im Zusammenhang mit der Umverlegung der B71, die Verlängerung der Start- und Landebahn auf 1800 Meter mit neuer Befeuerung, Umzäunungen des Geländes, die Verlegung der B 71, ein neues Gebäude für die Polizeihubschrauberstaffel. Allein für den Grundstückserwerb sind knapp 6 Millionen Mark vorgesehen.

Die Planungen gehen davon aus, dass ab 2003 der erste Linienverkehr aufgenommen wird. Ziele sind München, Frankfurt, Stuttgart und Köln/Bonn. Allerdings hofft die Flugplatz GmbH in diesem Punkt auf die Region.

Der Touristenverkehr mit Charterflügen zu Mittelmeerzielen soll nach Vorstellungen der GmbH 2006 beginnen. Nach wie vor bleibt das Ziel, dafür nur Flieger mit bis zu 99 Plätzen einzusetzen. Weitere Investitionen wären dann notwendig.

In der bedarfsorientierten Investitionsphase ab 2006 sollen Neubaumaßnahmen nur noch in Abhängigkeit vom sich entwickelnden Bedarf vorgenommen werden. Bis 2010 sind rund 4 Millionen Mark, beispielsweise für ein Präzisionsanflugverfahren, vorgesehen. Dafür soll das Land 75 Prozent der Kosten tragen.

Das Personal der Flughafen GmbH soll laut Unternehmensplanung von derzeit 15 über 16 in 2005 auf 38 (inkl. 12 Aushilfskräfte) in 2010 aufgestockt werden, lautet die von der Flughafen GmbH vorgelegte Prognose.

Sowohl Ausbaubefürworter als auch Gegner erwarten mit Spannung den Ausgang der Stadtratsdebatte. Letztere führen außer Unwirtschaftlichkeit und der Alternative Cochstedt hohe Lärmbelästigung im Süden der Stadt gegen den Ausbau ins Feld.

Die Befürworter verweisen auf den Stellenwert einer erweiterten Fluganbindung für den Wirtschaftsstandort Magdeburg.

m Die in "Mittel- und langfristiger Planung" der Flughafen Magdeburg GmbH enthaltenen betriebswirtschaftlichen Planungen sind u.E. insgesamt sorgfältig und den Erfordernissen entsprechend erarbeitet worden.

m Die Planungen der Flughafen Magdeburg GmbH basieren auf der in der "Mittel- und langfristigen Planung" prognostizierten Entwicklung des Luftverkehrspotenzials allgemein und für den Flughafen Magdeburg im Speziellen. Durch aktuelles Datenmaterial des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom Juni 2000 wurde eine Aktualisierung der Prognose aus dem Planfeststellungsverfahren möglich.

Kernaussagen des Gutachtens

  • Grundsätzlich lassen sowohl die Planrechnung der Flughafen Magdeburg GmbH als auch unsere korrigierte Planrechnung erkennen, dass auch mit den prognostizierten Entwicklungen des Luftverkehrs die Zuschüsse der Stadt zum Verlustausgleich bis zum Jahr 2015 notwendig sind, wobei sich der Zuschussbedarf ab dem Jahr 2007 bei Erreichung des geplanten Verkehrs stetig verringert.

  • Nach unserer Überprüfung sollten die Erlöspositionen Miete in den Jahren 2001 bis 2003 um insgesamt rund 38000 Euro und die Erlösposition "Sonstige betriebliche Erlöse" ab 2001 jährlich um 65 00 Euro (d.h. bis zum Jahr 2010 um insgesamt 65000 Euro) niedriger sowie die sonstigen betrieblichen Aufwendungen, beginnend ab 2001 bis 2010, um insgesamt 215000 Euro höher als in der Planung der Flughafen GmbH ausgewiesen geplant werden.

Kontroverse Auffassungen: Das sagen Gegner und Befürworter

Zur vorliegenden mittelfristigen und langfristigen Planung der Flughafen GmbH befragte die Volksstimme Vertreter der drei großen im Stadtrat vertretenden Parteien sowie die Bürgerinitiative gegen den Flugplatzausbau.

"Schon vor der Sommerpause hat sich unsere Fraktion ausführlich mit der Unternehmensplanung und dem Gutachten befasst", sagte Reinhard Stern, Chef der CDU-Ratsfraktion. Vergangenen Montag habe es eine erneute Runde dazu gegeben. Für uns steht fest, dass wir der Drucksache aus wirtschaftlicher Sicht zustimmen werden. Die Kosten und Risiken sind bekannt und können so getragen werden. Zugleich wolle die Fraktion den von der PDS vorgeschlagenen Privatisierungsantrag ablehnen, sagte Stern.

Hans-Werner Brüning, PDS-Stadtvorsitzender, sprach indes von einem "freundlichen Gutachten im Sinne der Befürworter des Flugplatzausbaus". Es sei beispielsweise keinerlei Nachweis erbracht worden, dass die in der Planung erhofften Flugverkehre, also der Charter- und Linienverkehr, wirklich stattfinden werden, sagte er.

Die PDS-Fraktion bliebe bei dem Vorschlag einer privaten Betreibung. Mindestens die Hälfte der Betriebskostenzuschüsse, also eine Million Mark, könnten eingespart werden.

"Unsere Fraktion wird der Vorlage zustimmen" sagte Steffen Schüller, SPD-Fraktionsgeschäftsführer. Das sei das Ergebnis langer und intensiver Beratungen über die Prüfung. Die SPD habe seinerzeit den Nachweis der Wirtschaftlichkeit zur Bedingung dafür gemacht, dass weitere Schritte unternommen werden. Wenn die Stadtratsmehrheit zustimmt, würde eine entsprechende Vorlage für den weiteren Ausbaus, einschließlich der genauen Kosten erarbeitet werden sagte er.

Für Wolfgang Richter, Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen den Flugplatzausbau, ist die vorgelegte Unternehmensplanung lediglich ein Wunschzettel. Das sei durch nichts untersetzt, sagte er.

Das habe die Wibera nicht überprüft, da sie gar nicht den Auftrag dafür hatte. Seiner Meinung nach sei so nur untersucht worden, ob Rechenfehler bei der Addition willkürlich eingesetzter Zahlen passiert seien. Richter kritisierte: Die Planungsparameter seien nicht geprüft worden. Das aber wäre erforderlich gewesen. 

Investitionsplanung: So soll der Flugplatz ausgebaut werden

Von 2001 bis 2005 plant die Flughafen GmbH Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 26 Millionen Mark. In der so genannten Grundinvestitionsphase soll die B71 umverlegt werden. Dazu sind Mittel für den Grunderwerb von rund 6 Millionen Mark vorgesehen. Außerdem soll die Flugplatzanlage erweitert werden. Dazu gehört die Verlängerung der Start- und Landebahn, die Erweiterung ihrer Befeuerung, der Bau einer verkürzten Anflugbefeuerung sowie einer Umzäunung. Gebunden sind fast fünf Millionen Mark für ein neues Objekt der Polizeihubschrauberstaffel.

Ab 2006 soll nach Vorstellungen der Flugplatz GmbH eine so genannte "bedarfsorientierte Phase" beginnen. Neubauten sollen dann nur noch in Anhängigkeit vom sich entwickelnden Bedarf vorgenommen werden. Vorgesehen sei die Einrichtung eines Präzisionsanflugverfahrens in der Hauptanflugrichtung. Ab 2010 bis 2015 kämen Investitionen im Bereich der Passagierabfertigung einschließlich einer Gepäckbeförderungsanlage in Frage, gleichfalls weitere Abstellflächen für Luftfahrzeuge hinzu.

Von Karl-Heinz Kaiser   (LRMD)

 

 
 
 
 
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