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Flugsportvereine und Gewerbetreibende fürchten um ihre Existenz / Nach Cochstedt will keiner / Unternehmer fassungslos
Schließungspläne: Am Flugplatz wachsen Sorgen um die Zukunft
Von Matthias Fricke



Der Vorstoß von OB Lutz Trümper, die " Luftraumrechte " von Magdeburg nach Cochstedt abzugeben und im Gegenzug den Magdeburger Flugplatz zu schließen, sorgt vor allem bei den Unternehmern, Sportf iegern und ansässigen Gewerbetreibenden für großes Unverständnis. Drei Flugschulen, eine kleine Werft, zwei übervolle Hangars mit etwa 25 Privatflugzeugen und ein Pilotenshop existieren dort bereits. Bevor die meisten Betreiber nach Cochstedt gehen, wollen sie lieber einen anderen Standort wählen.

Magdeburg. Die einen sprechen von einer Katastrophe, die anderen können nur noch mit dem Kopf schütteln. So auch Geschäftsflieger Dr. Harald Schiedung, der die drohende Schließung des Flugplatzes Magdeburg nicht ernst nehmen kann. " Die haben doch einen Vogel ", sagt er gerade heraus und spricht von einer Katastrophe für den Mittelstand. Er selbst habe mit seinem Flugzeug viele wichtige Aufträge einholen können und somit den bisherigen Standortvorteil genossen. " Schnelligkeit spielt eine größere Rolle als viele denken ", meint er. Auch Pilot Jens Reupke, Inhaber einer großen Speditionsfirma, sieht es ähnlich. " Für mich muss das Flugzeug schnell erreichbar sein. Das ist Bargeld in unserer Branche ", erklärt er. Neben finanziellen befürchtet er auch zeitlichen Verlust. Das habe auch etwas damit zu tun, dass größere Flughäfen teuer sind und auch die Verfahren im Landeanflug dann länger dauern, erklärt er. Gerade deshalb sei Magdeburg bisher ideal im gegenwärtigen Zustand gewesen.

Pilot Henner Dörnenburg, ist ebenfalls Unternehmer für Elektrotechnik mit 25 Mitarbeitern und hat sich extra in der Nähe vom Flughafen in Magdeburg mit seiner Firma angesiedelt : " Nach Cochstedt wird definitiv keiner gehen. Wenn Magdeburg geschlossen wird, dann war es das. Im Geschäftsflug muss es schnell gehen und das ist in Cochstedt nicht gegeben. Man sollte dann lieber den Flughafenbetrieb auf noch kleinerer Flamme fahren oder sich eine andere Lösung suchen. Um eine gigantische Fehlinvestition in Cochstedt zu rechtfertigen, wird nun ein noch schwererer Fehler begangen. "

Für den Geschäftsführer der Flugdienst Magdeburg GmbH Wolfgang Lindner steht fest, dass er mit seiner Flugschule, den Arbeitsflügen und Ballonfahrten nicht nach Cochstedt geht. " Eher werde ich schließen, weil ich nicht mit ansehe, wie die Firma in Cochstedt pleite geht ", sagt er. Wolfgang Lindner versteht außerdem nicht, warum gleich das ganze " Haus " geschlossen werden soll, um Geld einzusparen. " Dann muss eben so gewirtschaftet werden, dass das Geld reicht, ohne Zuschuss. Das geht ", ist er überzeugt.

Auch sein Kollege Silvio Büttner, der ebenfalls eine Flugschule hat und einen Internethandel für Pilotenzubehör betreibt, erklärt : " Wir haben hier viel investiert. Für mich kommt ein Umzug nach Cochstedt nicht in Frage. " Die Nachricht vom Vorhaben, den Magdeburger Flugplatz zu schließen, habe ihn getroffen, zumal vier Mitarbeiter und seine Familie daran hängen. " Den Schock muss man erst mal verarbeiten ", sagt er. Auch eine kleine Werft mit drei Fluggerätemechanikern hat sich inzwischen in Magdeburg etabliert. Ob diese nach Cochstedt umziehen würde, ist offen. Der Geschäftsführer war gestern nicht zu erreichen.

Auch für Jan Braune vom Segelfliegerverein, der auch autorisiert sei, für die Fallschirmspringer und die Traditionsf ieger zu sprechen, meint : " Nach Cochstedt wird keiner von uns umziehen. Erstens wird das mit der Konzeption für den Flugplatz dort sowieso nicht vereinbar sein und außerdem ist auch der Platz für uns nicht ausreichend. Und selbst wenn, würden sich viele Magdeburger eher auf Schönebeck-Zackmünde oder Burg umorientieren. " Oder eben das Hobby ganz aufgeben. Er habe aber die Hoffnung, dass er mit den anliegenden Firmen auf dem Flugplatzgelände den Platz mit einem anderen Betreibermodell irgendwie weiter betreiben kann.

Oberbürgermeister Lutz Trümper sei nach eigenen Angaben erst nach der Stadtratssitzung am Donnerstag, also zufällig eben Freitag früh die Idee gekommen, auf den Vorschlag von Landesverkehrsminister Karl-Heinz Daehre einzugehen und die Flugrechte an Cochstedt zu übertragen. Im Gegenzug erwarte er die Hilfe beim Umbau des Flugplatzes zum Gewerbegebiet und spare 750 000 Euro jährliche Betriebskostenzuschüsse. Trümper bekräftigte gestern : " Wir müssen 20 Millionen Euro kürzen. Das geht nicht mit Pillepalle. Da muss man auch über so etwas reden. "

Außerdem sei es auch nur ein Vorschlag, dass letzte Wort habe der Stadtrat. Er sei offen für jeden Vorschlag, um 20 Millionen Euro im städtischen Haushalt einzukürzen.



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Dokument erstellt am 20.02.2007 um 05:56:33 Uhr
Erscheinungsdatum 20.02.2007 | Ausgabe: mdx