URL: http://www.volksstimme.de/vsm/nachrichten/lokales/magdeburg/?em_cnt=242390
Flugsportvereine und Gewerbetreibende fürchten um ihre Existenz / Nach Cochstedt will keiner / Unternehmer fassungslos
Schließungspläne: Am Flugplatz wachsen Sorgen um die Zukunft
Von Matthias Fricke
Der Vorstoß von OB Lutz Trümper, die " Luftraumrechte " von Magdeburg
nach Cochstedt abzugeben und im Gegenzug den Magdeburger Flugplatz zu
schließen, sorgt vor allem bei den Unternehmern, Sportf iegern und
ansässigen Gewerbetreibenden für großes Unverständnis. Drei
Flugschulen, eine kleine Werft, zwei übervolle Hangars mit etwa 25
Privatflugzeugen und ein Pilotenshop existieren dort bereits. Bevor
die meisten Betreiber nach Cochstedt gehen, wollen sie lieber einen
anderen Standort wählen.
Magdeburg.
Die einen sprechen von einer Katastrophe, die anderen können nur noch
mit dem Kopf schütteln. So auch Geschäftsflieger Dr. Harald Schiedung,
der die drohende Schließung des Flugplatzes Magdeburg nicht ernst
nehmen kann. " Die haben doch einen Vogel ", sagt er gerade heraus und
spricht von einer Katastrophe für den Mittelstand. Er selbst habe mit
seinem Flugzeug viele wichtige Aufträge einholen können und somit den
bisherigen Standortvorteil genossen. " Schnelligkeit spielt eine
größere Rolle als viele denken ", meint er. Auch Pilot Jens Reupke,
Inhaber einer großen Speditionsfirma, sieht es ähnlich. " Für mich muss
das Flugzeug schnell erreichbar sein. Das ist Bargeld in unserer
Branche ", erklärt er. Neben finanziellen befürchtet er auch
zeitlichen Verlust. Das habe auch etwas damit zu tun, dass größere
Flughäfen teuer sind und auch die Verfahren im Landeanflug dann länger
dauern, erklärt er. Gerade deshalb sei Magdeburg bisher ideal im
gegenwärtigen Zustand gewesen.
Pilot
Henner Dörnenburg, ist ebenfalls Unternehmer für Elektrotechnik mit 25
Mitarbeitern und hat sich extra in der Nähe vom Flughafen in Magdeburg
mit seiner Firma angesiedelt : " Nach Cochstedt wird definitiv keiner
gehen. Wenn Magdeburg geschlossen wird, dann war es das. Im
Geschäftsflug muss es schnell gehen und das ist in Cochstedt nicht
gegeben. Man sollte dann lieber den Flughafenbetrieb auf noch kleinerer
Flamme fahren oder sich eine andere Lösung suchen. Um eine gigantische
Fehlinvestition in Cochstedt zu rechtfertigen, wird nun ein noch
schwererer Fehler begangen. "
Für den Geschäftsführer der
Flugdienst Magdeburg GmbH Wolfgang Lindner steht fest, dass er mit
seiner Flugschule, den Arbeitsflügen und Ballonfahrten nicht nach
Cochstedt geht. " Eher werde ich schließen, weil ich nicht mit ansehe,
wie die Firma in Cochstedt pleite geht ", sagt er. Wolfgang Lindner
versteht außerdem nicht, warum gleich das ganze " Haus " geschlossen
werden soll, um Geld einzusparen. " Dann muss eben so gewirtschaftet
werden, dass das Geld reicht, ohne Zuschuss. Das geht ", ist er
überzeugt.
Auch sein Kollege Silvio Büttner, der ebenfalls
eine Flugschule hat und einen Internethandel für Pilotenzubehör
betreibt, erklärt : " Wir haben hier viel investiert. Für mich kommt
ein Umzug nach Cochstedt nicht in Frage. " Die Nachricht vom Vorhaben,
den Magdeburger Flugplatz zu schließen, habe ihn getroffen, zumal vier
Mitarbeiter und seine Familie daran hängen. " Den Schock muss man erst
mal verarbeiten ", sagt er. Auch eine kleine Werft mit drei
Fluggerätemechanikern hat sich inzwischen in Magdeburg etabliert. Ob
diese nach Cochstedt umziehen würde, ist offen. Der Geschäftsführer
war gestern nicht zu erreichen.
Auch für Jan Braune vom
Segelfliegerverein, der auch autorisiert sei, für die
Fallschirmspringer und die Traditionsf ieger zu sprechen, meint : "
Nach Cochstedt wird keiner von uns umziehen. Erstens wird das mit der
Konzeption für den Flugplatz dort sowieso nicht vereinbar sein und
außerdem ist auch der Platz für uns nicht ausreichend. Und selbst wenn,
würden sich viele Magdeburger eher auf Schönebeck-Zackmünde oder Burg
umorientieren. " Oder eben das Hobby ganz aufgeben. Er habe aber die
Hoffnung, dass er mit den anliegenden Firmen auf dem Flugplatzgelände
den Platz mit einem anderen Betreibermodell irgendwie weiter betreiben
kann.
Oberbürgermeister Lutz Trümper sei nach eigenen Angaben
erst nach der Stadtratssitzung am Donnerstag, also zufällig eben
Freitag früh die Idee gekommen, auf den Vorschlag von Landesverkehrsminister Karl-Heinz Daehre einzugehen und die Flugrechte an Cochstedt
zu übertragen. Im Gegenzug erwarte er die Hilfe beim Umbau des
Flugplatzes zum Gewerbegebiet und spare 750 000 Euro
jährliche Betriebskostenzuschüsse. Trümper bekräftigte gestern : " Wir
müssen 20 Millionen Euro kürzen. Das geht nicht mit Pillepalle. Da muss
man auch über so etwas reden. "
Außerdem sei es auch nur ein
Vorschlag, dass letzte Wort habe der Stadtrat. Er sei offen für jeden
Vorschlag, um 20 Millionen Euro im städtischen Haushalt einzukürzen.
[ document info ]
Copyright © Volksstimme.de 2007
Dokument erstellt am 20.02.2007 um 05:56:33 Uhr
Erscheinungsdatum 20.02.2007 | Ausgabe: mdx