Neueste Bewertung zum Vergleich Magdeburg-Süd mit Cochstedt

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1. Variante: Und-Konstellation

2. Variante: Oder-Konstellation

weitere Aspekte

Fazit

Verkehrliche und regionalwirtschaftliche Bewertung der Luftverkehrsstandorte Cochstedt und Magdeburg-Süd, hier: Kurzstellungnahme

Autoren: Herr Prof. Dr. Werner Rothengatter, Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsförderung sowie Herr Dr. Benedikt Mandel, MKmetric GmbH, Karlsruhe

   

 

1. Ausgangslage

Für das Land Sachsen-Anhalt sind die bestehenden Verkehrsflughäfen Leipzig/Halle und Cochstedt sowie der Verkehrslandeplatz Magdeburg-Süd von besonderem Interesse.

Der Flughafen Leipzig/Halle hat internationalen Standard und wurde auf zwei Start / Landebahnen ausgebaut. Von Magdeburg ausgehend beträgt die PKW-Anreisezeit rund 70 Minuten und die Bahn / Bus-Anreisezeit rund 90 Minuten. Voraussichtlich ab 2003 wird die Bahn-Anreise auf rund 60 Minuten verkürzt.

Der Flughafen Cochstedt ist mit einer 2500 Meter Start / Landebahn und Sicherungstechnik der Stufe CAT1 (für eine Richtung) ausgestattet. Dieser Ausbau wurde im Hinblick auf die Ansiedlung eines umfangreichen Gewerbegebietes am Flughafen Cochstedt vorgenommen, für das sich Investoren intensiv interessierten. Der Flugplatz Cochstedt ist von Magdeburg in 40 Minuten mit dem PKW und zur Zeit zweimal täglich per Bus in 90 Minuten erreichbar, wobei eine Verbesserung der Anreisemöglichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich wäre.

Gegenwärtig ist der Flughafen aus Insolvenzgründen geschlossen. Davor gab es weder im Linien- noch im Charterverkehr ein Flugangebot. Die Investorengruppe revidierte auch ihre Absichten, so dass eine nennenswerte Gewerbeentwicklung mit flughafenaffinen Aktivitäten nicht zu verzeichnen war.

Der Flugplatz Magdeburg-Süd liegt etwa 6,5 Kilometer von der Innenstadt entfernt. Er verfügt über eine Start / Landebahn von 875 / 1000 Metern richtungsbezogen nutzbarer Länge und einer flugsicherungstechnischen Ausrüstung, die einen zeitlich begrenzten Instrumentenflug (IFR) erlaubt. Daher ist er nur für kleinere Geschäftsflugzeuge geeignet. Ein Ausbau auf eine Start / Landebahnlänge von 1800 Metern würde die Bedienung mit Flugzeugen mittlerer Größe ermöglichen. Zudem würde die europäische Norm zur Nutzung des Flughafens im gewerblichen Luftverkehr (JAR-OPS) eingehalten, was die Entwicklung eines wirtschaftlich tragbaren Luftverkehrs erst ermöglicht. Allerdings ist hierzu die Verlegung einer Straße, der B 71, erforderlich. Die Gesamtkosten dieser Maßnahme, sowie der Erweiterung der Flugsicherungstechnik, werden auf ca. 13,3 Millionen Euro geschätzt. Hiervon entfallen ca. 3 Mio. Euro auf die Verlegung einer Bundesstraße. Das Fördervolumen des Landes an der Gesamtmaßnahme würde ca. 5 Millionen Euro verteilt auf vier Jahre betragen.

Der Raum Stendal bietet als zusätzliche Option gute Voraussetzungen für den Bau eines internationalen Großflughafens am Standort Buchholz. Dies setzt voraus, dass die geplante Erweiterung des Flughafens Berlin-Schönefeld zu einem Großflughafen Berlin-Brandenburg-International (BBI) entgegen den Planungen nicht realisiert werden kann. Für das privatwirtschaftlich orientierte und betriebene Projekt eines Großflughafens Berlin International bei Stendal (BIS) wurde bereits das Raumordnungsverfahren erfolgreich abgeschlossen, und aktuell sind die Planfeststellungsunterlagen in Bearbeitung.

Falls es zu einer Realisierung eines Großflughafens Berlin International bei Stendal käme, verringert sich das Aufkommenspotenzial für die Flugstandorte Cochstedt und Magdeburg-Süd deutlich, wobei Magdeburg stärker betroffen wird, aber immer noch ein größeres Aufkommenspotenzial als Cochstedt aufwiese. Der Flugplatz Magdeburg-Süd bliebe interessant für Geschäftsflüge mit kleinem Fluggerät, wobei der beschränkte Ausbau für die Einhaltung der EU-Norm für gewerblichen Luftverkehr notwendig wäre. Für die Aufrechterhaltung von Cochstedt gäbe es aber keine Notwendigkeit, da die Verkehrsnachfrage keinen weiteren Flughafen für mittelgroßes Fluggerät zwischen Berlin International bei Stendal und Leipzig/Halle rechtfertigt.

Wird von dem aktuellen Planungsstand die Realisierung des Großflughafens Berlin Brandenburg International in Schönefeld – wenngleich später als vorgesehen – ausgegangen, so stellt sich die Frage, ob unter dieser Konstellation

  • eine Vorhaltung der Flughäfen Magdeburg-Süd und Cochstedt bzw.
  • eine Vorhaltung eines Flughafens in Magdeburg oder in Cochstedt

die verkehrs- und regionalökonomisch bessere Alternative darstellt. Bei der Beantwortung dieser Fragestellung ist die durch die benachbarten Flughäfen, insbesondere Hannover, Leipzig/Halle sowie Berlin-International am Standort Schönefeld, bestehende Konkurrenzsituation zu berücksichtigen.

Die berechneten und im folgenden dargestellten Passagierpotenziale ergaben sich unter der Voraussetzung eines nachfrageorientierten Luftverkehrsangebotes, dessen Bedienung für die Luftverkehrsgesellschaften ökonomisch darstellbar ist. Durch die Einbindung sich abzeichnender Angebotsstrukturen im Luftverkehrsmarkt in der Potentialanalyse resultiert eine weitere Anpassung der Nachfragepotenziale.

 

2. Konstellation Magdeburg-Süd und Cochstedt

Die Vorhaltung beider Flughäfen würde zu folgender Nachfragekonstellation bezogen auf das Jahr 2015 führen.

  • Passagierpotenzial Magdeburg-Süd    647 Tsd. im Jahre 2015
  • Passagierpotenzial Cochstedt            201 Tsd. im Jahre 2015

Die Differenz in der ausgewiesenen Nachfrage zwischen den beiden Flughäfen ergibt sich durch die bessere Erreichbarkeit des Flughafens Magdeburg-Süd insbesondere von der Landeshauptstadt und den nördlichen Regionen aus sowie der stärkeren Konkurrenz von Leipzig/Halle zu Cochstedt, da sich ein Luftverkehrsunternehmen stets an dem Standort mit dem höchsten Nachfragepotential engagiert, um sein Investitionsrisiko zu minimieren.

Wird davon ausgegangen, dass zumindest im Prognosezeitraum nur ein Teil der Potenziale (ca. 30% bis 50%) aufgrund der Strategien der Luftverkehrsgesellschaften und –allianzen (Vermeidung einer Kannibalisierung bestehender Angebote der umliegenden Flughäfen) realisiert werden kann, so liegt Magdeburg-Süd knapp an der Wirtschaftlichkeitsschwelle, während Cochstedt weit darunter anzusiedeln wäre. Beide Flughäfen zusammen wären ohne öffentliche Subventionen (Investitionen und / oder Betriebskostenzuschüsse) mindestens für den Prognosezeitraum bis 2015 nicht wirtschaftlich zu betreiben.

 

3. Konstellation Magdeburg-Süd oder Cochstedt

Wird nur eine der beiden Flughäfen Magdeburg-Süd oder Cochstedt realisiert, so ergeben sich folgende Aufkommenspotenziale:

  • Magdeburg-Süd      744 Tsd. im Jahre 2015
  • Cochstedt              387 Tsd. im Jahre 2015

Auch hier handelt es sich wieder um die Aufkommenspotenziale, bei denen unter Berücksichtigung der derzeitigen Strategien der Fluggesellschaften eine Realisierung in der Größenordnung von 30% bis 50% der ausgewiesenen Werte auszugehen ist. Damit kommt Magdeburg-Süd an die Wirtschaftlichkeitsschwelle, während Cochstedt diese auch bei dieser Konstellation nicht erreichen kann.

Die Differenz in der Nachfrage zwischen den beiden Flughäfen kommt im wesentlichen zustande durch die verbesserte Erreichbarkeit Magdeburgs aus Richtung Norden durch den bis 2015 sicherlich realisierten Teil der A14, der stärkeren Konkurrenzierung Cochstedts durch den Flughafen Leipzig/Halle (Bahnanbindung ab 2003) und durch die Entwicklung des Flughafens Braunschweig für den Bereich des niedersächsischen Harzes.

Hinsichtlich der Passagierverlagerungen von anderen Flughäfen rekrutiert ein Flughafen Magdeburg-Süd sein Aufkommen primär aus Fluggästen, die sonst den Großflughafen Schönefeld nutzen würden, während dessen Cochstedt seine Passagiere eher vom Flughafen Leipzig/Halle gewinnen kann.

 

4. Aspekte der Stadtentwicklungspolitik und der Regionalpolitik

Der Ausbau des Flughafens Magdeburg-Süd ist keineswegs unumstritten. Zweifellos macht ihn die stadtnahe Lage für Fluggäste besonders attraktiv, die aus dem Stadtgebiet und seiner Umgebung kommen. Dieser Vorteil ist aber gleichzeitig ein Nachteil für die Bewohner, die unter den negativen Folgen des Flugbetriebs, konkret unter dem Fluglärm, zu leiden haben.

Für den Fall, es gäbe in der Zukunft eine sehr positive Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung im Raum Magdeburg, so wären nach Entwicklungsmöglichkeiten nach Süden auf Gewerbegebiete beschränkt. Gleichzeitig würden dann aber auch die unter BVWP-Annahmen abgeleiteten Verkehrsprognosen übertroffen, mit entsprechend negativen Konsequenzen für die flughafennahen Wohngebiete. Zwar wären die zu erwartenden Umweltbelastungen für Magdeburg-Süd nicht jenseits der gesetzlichen Grenzen, doch würde vor allem die Wohnqualität in den südlichen und südöstlichen Stadtteilen beeinträchtigt.

Würde sich solch eine positive Entwicklung von Wirtschaft und Bevölkerung im Süden des Raumes Magdeburg abzeichnen, so wäre der Flughafenstandort Cochstedt aus Sicht der Raumordnung die langfristig günstigere Lösung. Denn hier können umfangreiche Flugbewegungen einschließlich von Luftfrachtverkehr im Nachtbetrieb durchgeführt werden, ohne viele Anwohner durch Fluglärm zu belästigen.

Ein wirtschaftlicher Betrieb ist in Cochstedt aber erst zu erwarten, wenn der Anteil von Fluggästen aus der unmittelbaren Umgebung erhöht wird. Das könnte durch Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen auf den verfügbaren Gewerbeflächen entstehen. Eine merkliche Erhöhung der Luftverkehrsnachfrage (sowohl Passagiere als auch Fracht) für Cochstedt käme aber erst bei einem Gewerbebesatz mit mehreren tausend Arbeitsplätzen zustande. Eine solche Konzentration der Wirtschaftsförderung würde bedingen, dass die bereits hohen gewerblichen Fördermittel, die im Zeitraum 1991 bis 1998 je Erwerbstätigen in der Region Aschersleben-Staßfurt bei 1,6 Mio. DM lagen, nochmals kräftig aufgestockt werden müssten. Zum Vergleich: Diese Förderung betrug im genannten Zeitraum in der Region Bitterfeld 3,9 Mio. DM je Erwerbstätigem.

 

5. Fazit

Aus den verkehrs- und regionalwirtschaftlichen Analysen lässt sich das folgende Fazit ziehen:

  1. Die gemeinsame Vorhaltung beider Standorte, Magdeburg und Cochstedt, durch öffentliche Subventionen des Landes (Investitionen und / oder Betriebskostenzuschüsse) ist für den Prognosehorizont weder aus verkehrs- noch aus regionalwirtschaftlicher Sicht vertretbar.
  2. Die verkehrliche Beurteilung des Standorts Magdeburg-Süd ist unter den sozioökonomischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen der Bundesverkehrswegeplanung deutlich besser als diejenige für den Standort Cochstedt. Die Entwicklung des Magdeburger Flughafens setzt konsequenterweise die Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften (EU-Norm JAR-OPS) zur Abwicklung des gewerblichen Luftverkehrs voraus.
  3. Unter der Voraussetzung einer wirtschaftlichen Entwicklung des Raumes Magdeburg und des Landkreises Aschersleben-Stassfurt würde sich die verkehrswirtschaftliche Beurteilung des Standortes Cochstedt verbessern. Dies setzt eine massive Erhöhung der raumwirksamen Fördermittel in der Umgebung von Cochstedt voraus.
  4. Aus den Aspekten der Stadtentwicklung und der Raumordnung stellt sich die Entwicklung des Standortes Magdeburg-Süd problematisch dar. Die Stadtentwicklung nach Süden wäre auf Gewerbegebiete beschränkt. Weiter würden die Bewohner der südlichen Stadtteile Magdeburgs und der Nachbargemeinden durch Fluglärm belastet, wenngleich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.
  5. In Anbetracht der bereits vorgenommenen Investitionen am Standort Cochstedt und insbesondere den sich daraus ergebenden Verpflichtungen erhebt sich die Frage, ob weitere Investitionen in erheblichen Umfang für die Aufwertung des Standortes Magdeburg aus Landessicht wirtschaftlich zu rechtfertigen sind. Hierzu ist festzustellen:
  • Der Raum Magdeburg ist gut mit internationalen Verkehrsflughäfen verknüpft. (z.B. Fahrzeit nach Leipzig/Halle rund 60 Minuten ab 2003). Die internationalen Verkehrsflughäfen Leipzig/Halle, Hannover und in Berlin bieten bereits eine Destinationsvielfalt, die von einem Flughafen mit regionaler Bedeutung nicht in vergleichbarer Weise angeboten werden kann. Insofern ist der Verzicht auf die verkehrswirtschaftlich bessere Lösung in Form des Standortes Magdeburg-Süd sowie eine regionale luftverkehrswirtschaftliche Entwicklung nicht mit signifikanten Konsequenzen für die regionale Wirtschaft verbunden.
  • Auch wenn im Falle einer verhaltenen Wirtschaftsentwicklung im betroffenen Raum die Wirtschaftlichkeit des Betriebes beim Standort Cochstedt nicht erreicht werden kann, wird aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen empfohlen, zumindest die Infrastruktur an dem Standort aufrechtzuerhalten, da jede andere Lösung unter Beteiligung der öffentlichen Hand mit deutlich höheren Folgekosten für das Land Sachsen-Anhalt verbunden ist.

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