Fragwürdige Grundstückskäufe! | ||
Obwohl der Flugplatzausbau in Magdeburg derzeit fragwürdiger denn je ist, will die Flughafen GmbH schon jetzt Grundstücke für die Erweiterung kaufen und somit "Fakten schaffen". Sollen die Bürger Magdeburgs in Anbetracht der Hochwasserkatastrophe jetzt tatsächlich Gelder für eine Flugplatzerweiterung bezahlen, selbst wenn nicht klar ist, ob sie auch tatsächlich kommt? Magdeburg, 12.09.2002 |
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Fragende Grundstückseigentümer
Es gab bei uns in letzter Zeit Anrufe von Grundstückseigentümern (Ackerland), die uns berichteten, sie hätten von der Flughafen Magdeburg GmbH [ FMG] eine Aufforderung bekommen, ihre Grundstücke an die FMG zu verkaufen. Grundlage hierfür sei der Planfeststellungsbeschluss zur Erweiterung des Verkehrslandeplatzes Magdeburg (mit Teilverlegung der B 71). Die Kaufpreis-Angebote der FMG liegen derzeit jedoch weit unter dem, was in früheren Zeiten für Flächen zur Erweiterung des Flugplatzes Magdeburg gezahlt wurde. Die Eigentümer der betroffenen Grundstücke befürchten nun entweder den "freiwilligen" Verkauf Ihrer Flächen weit unter den früheren Verkaufspreisen an die FMG oder ein Enteignungsverfahren.
Flächenbedarf und Gesetzeslage Nicht nur die Fläche der Start- und Landebahn wird sich fast verdreifachen. Auch die zukünftige Erweiterung der Flugplatzfläche gegenüber der jetzigen Flugplatzgrenze nimmt gewaltige Ausmaße an. Das trifft auch für die Verlegung der B 71 zu, einer völlig intakten Bundesstrasse! Für diese Baumassnahmen werden auch Flächen benötigt, die sich jetzt noch in Privatbesitz befinden, und deren Besitzer angeschrieben worden sind. Die Besitzer werden, falls der Flugplatz Magdeburg ausgebaut werden sollte, nicht umhin kommen, ihre Flächen gegen andere zu tauschen oder an die FMG zu verkaufen. Das macht jedoch nur dann Sinn, wenn der Flugplatz Magdeburg tatsächlich ausgebaut werden sollte. Das war auch den Stadtverordneten klar, und im am 6. Dezember 2001 formulierten Grundsatzbeschluss des Stadtrates zum Flugplatzausbau heißt es dazu im Punkt 4: Die in den Haushaltsplan 2002 einzustellenden und eingestellten Mittel für geplante Investitionen sind mit einem Sperrvermerk zu versehen. Der Sperrvermerk entfällt, sobald das Land Sachsen-Anhalt die in der Investitionsplanung der Flughafen Magdeburg GmbH vorgesehenen Fördermittel bewilligt. Das Land hat sich aber bisher noch nicht zu den Erweiterungsplänen geäußert. Und bevor nicht eine Lösung für Cochstedt gefunden wird, bewegt sich lt. Verkehrsminister Daehre in Sachen Flugplatzerweiterung in Magdeburg sowieso gar nichts. Weiter betonte er kürzlich in einem Interview: "Auf jeden Fall wird es ohne Lösung für Cochstedt keine Entscheidung für Magdeburg geben. Ende des Jahres werden wir das Luftverkehrskonzept des Landes vorstellen. Darin wird die Frage alternativ beantwortet." Eine Entscheidung ist also demnächst nicht zu erwarten.
Die FMG sieht ihre Felle davon schwimmen Nach den Prognosen der FMG im Planfeststellungsverfahren hätte schon seit 1998 Linienflug stattfinden müssen. Bekannt ist, dass dies in einem Debakel endete: Kein Linienflugzeug hob damals ab. Man versuchte den "Trick" ("Lege die prognostizierten Flüge einfach in die Zukunft und erzähle bis dahin vom steigenden Bedarfsdruck für Geschäftsleute!") wiederholt in der "Mittel- und langfristigen Unternehmensplanung der FMG" (10/2000): Ab 2003 und in den darauffolgenden Jahren sollen nun Linienflüge stattfinden. Als gutes Omen für die Verwirklichung gab man an, dass man im Jahr 2001 eine sog. Flugbörse eingerichtet hätte, welche immer mehr durch Geschäftsleute genutzt würden. Aber Flugplatzchef Fechner ist Anhänger von fiktiven Erfolgsgeschichten und fühlt sich anscheinend selten der Realität verpflichtet: Er verschwieg, dass bereits in 2001 dieses Flugzeug in Ermangelung an Einsätzen vom Flugplatz Magdeburg wieder abgezogen werden musste und sich dieser Zustand seither nicht mehr besserte. Interessant übrigens auch: Der geplante Linienflug in den Jahren nach 2003 soll mit solchem Fluggerät durchgeführt werden, für das auch nach der neuen Betriebsvorschrift keine Flugplatzerweiterung notwendig ist. Die Erweiterung dient also in den kommenden Jahren ausschließlich dem Urlauberverkehr (Charterverkehr) zum Mittelmeer. Hier sollen genau die Flugzeugtypen (vierstrahlige Jets mit über 100 Passagieren) eingesetzt werden, für die der Flugplatz zu klein ist. Die Fahrt nach Leipzig/Halle, Berlin oder Hannover, vielleicht auch Stendal oder Cochstedt, ist den Urlaubern nach Meinung einiger Magdeburger Stadträte nicht zuzumuten. Deshalb fordern diese Stadträte finanzielle Mittel vom Land. Übrigens auch hier interessant die "Informationspolitik" der FMG: Man "vergaß" (trotz riesigen Presserummels) der Presse mitzuteilen, dass fast alle angekündigten Charterflüge nach Prag [die anderen sowieso alle] ausgefallen sind.
"Tatsachen schaffen" Der Ausbau des Magdeburger Flugplatzes scheint in weite Ferne gerückt zu sein. Das Land hat andere Probleme, als mit den letzten Steuergroschen dem Flughafen Leipzig/Halle Konkurrenz zu machen. Zumal selbst dieser vom Land Sachsen-Anhalt finanziell unterstützt wird und nicht einmal zur Hälfte ausgelastet ist. Wozu also noch den Ausbau in Magdeburg finanzieren, um weitere Urlaubermaschinen zu subventionieren? Nach der Hochwasserkatastrophe stellt sich erst recht die Frage, ob es nichts Wichtigeres gibt als den Ausbau des Flugplatzes Magdeburg! Die FMG hat da allerdings ganz andere Ansichten. Sie möchte schon jetzt unbedingt die Grundstücke kaufen, um hinterher sagen zu können: "Jetzt haben wir schon Millionen in den Ankauf der Erweiterungsflächen investiert. Soll das jetzt alles umsonst gewesen sein?" Zwangspunkte setzen, so nennt man das in der Fachsprache. Diese Salamitaktik scheint die FMG bestens zu beherrschen. Die Strippen werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezogen. Anschließend werden die Stadträte und die Bevölkerung von den Fakten "in Kenntnis gesetzt". Wir haben die Befürchtung, dass die FMG in der nächsten Zeit Grundstücke entgegen dem Stadtratsbeschluss kaufen wird. Dafür gibt es sehr ernsthafte Anzeichen. Wahrscheinlich gibt es sogar schon jetzt einen Beschluss der FMG. Aber warum jetzt die betreffenden Grundstücke kaufen, wenn derzeit eigentlich kein Grund dazu besteht? Und was macht die FMG, wenn der Flugplatz nicht erweitert wird? Ist das nicht etwa rausgeworfenes Geld der Steuerzahler?
Grundstückseigentümer müssen bluten Die FMG betrachtet den Erwerb der betroffenen Grundstücke nicht nach Notwendigkeit oder Gesetzeslage. Auch nicht danach, ob dabei überall fehlendes Steuergeld verschwendet wird. Die FMG sieht das ganz pragmatisch und eigennützig: Ihr Vorgehen, "Jetzt Geld für Grundstückserwerb ausgegeben – dann muss auch der Ausbau erfolgen!" basiert anscheinend auf zwei Szenarien:
Mit der Verwendung solcher Zusatzerlöse kennt sich die FMG bestens aus. Jedes Jahr "erwirtschaftet" sie Pacht und Mieten in Millionenhöhe durch die von der Stadt übereigneten Flächen und Gebäude. Diese Einnahmen werden in ihren defizitären Flugplatzbetrieb ge(ver-)steckt. Der Stadt kostet die Übertragung des Eigentums jährlich Millionen. Als Ausgleich müssen zusätzliche Steuern eingenommen werden, was wiederum Arbeitsplätze gefährdet. Die FMG ist der Nutznießer. Und trotzdem wird sich der jährlich zusätzlich durch die Stadt zu finanzierende veröffentlichte Fehlbedarf in Zukunft weiter erhöhen.
Nimmt der Wahnsinn seinen Lauf? Die jetzigen Grundstückseigentümer gehen also in jedem Falle bei dem Verkauf ihrer Flächen der FMG auf den Leim und als Verlierer aus dem Rennen. Stoppt der Stadtrat den jetzigen Verkauf nicht, muss man sich ernsthaft fragen, für welche Interessengruppen sich die Mehrheit des Stadtrates einsetzt. Oder vielleicht wollen die Ausbaubefürworter unter den Stadtverordneten nichts hören, nichts sehen und nichts kommentieren? Müsste man nicht zugeben, dass man gar nicht richtig informiert wurde, welche Auswirkungen der am 6. Dezember 2001 getroffene Grundsatzbeschluss zum Flugplatzausbau hat? Man kann zum Flugplatzausbau stehen, wie man will: Es muss ein Gebot zum Schutz der Allgemeinheit vor den rücksichtslosen Interessen einer kleinen Lobby geben! Seit wann kann ein (von der Stadt finanziertes) Unternehmen entgegen gültigen Stadtratsbeschlüssen Grundstücke auf Steuerzahlerkosten kaufen? Wer bezahlt am Ende die ganze Zeche, wenn die Stadt auf den unnötig verausgabten Geldern sitzen bleibt und sich die Schuldensituation der Stadt und damit deren Handlungsfähigkeit weiter verschlechtert? Verantwortungsvolle Politiker sind gefordert! Hoffentlich wird der Wahnsinn gestoppt, bevor dessen Lauf beginnt!
Brief der Bürgerinitiative an OB Dr. Trümper vom 12.09.02: Sehr geehrter Herr Dr. Trümper, vor einigen Tagen informierten uns besorgte Grundstückseigentümer, dass sie ihre Grundstücke an die Flughafen Magdeburg GmbH (FMG) verkaufen sollen. Grundlage hierfür würde das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flugplatzes Magdeburg mit Umverlegung der B 71 sein. Uns wurde weiter berichtet, dass die FMG mit den Grundstückskäufen einen Rechtsanwalt beauftragt hat. Bei den Grundstücken handelt es sich um solche, die für den Flächenerwerb infolge Vergrößerung des Flugplatzgeländes, der Verlegung der B 71 sowie eventueller Tauschflächen vorgesehen sind. Wir haben den dringenden Verdacht, dass diese Praxis durch einen Beschluss des Aufsichtsrates der FMG abgesichert wurde, aber entgegen den Vorgaben des Stadtrates steht. Im Stadtratsbeschluss (Grundsatzbeschluss der Stadt Magdeburg zum Ausbau des Flugplatzes vom 06.12.2001) heißt es dazu: "Die in den Haushaltsplan 2002 einzustellenden und eingestellten Mittel für geplante Investitionen sind mit einem Sperrvermerk zu versehen. Der Sperrvermerk entfällt, sobald das Land Sachsen-Anhalt die in der Investitionsplanung der Flughafen Magdeburg GmbH vorgesehenen Fördermittel bewilligt." Wir bitten Sie dringend, Ihre Verwaltung dahingehend zu beauftragen, diesem Verdacht nachzugehen! Wie Ihnen bekannt ist, entscheidet das Verkehrsministerium nicht über den Ausbau in Magdeburg, bevor es nicht eine Lösung für Cochstedt gibt. Von daher können wir uns überhaupt nicht erklären, warum die FMG ohne zwingenden Grund Druck auf die Betroffenen ausübt und anscheinend vollendete Tatsachen schaffen will. Als Bürgerinitiative haben wir naturgemäß regen Kontakt zu Bürgern dieser Stadt. Gerade den Bürgern dieser Stadt, die selbst mit kleinsten Spenden versuchen, den Hochwasseropfern zu helfen und so die Stadt finanziell entlasten, muss der Flächenankauf der FMG wie ein Hohn vorkommen! Anstatt jetzt alle verfügbaren Mittel für den Aufbau zerstörter Strukturen einzusetzen, können Sie doch nicht tatenlos zusehen, wie an anderer Stelle gleichzeitig Gelder für Grundstücksankäufe für ein Projekt ausgegeben werden, dessen Realisierung derzeit mehr Fragen als Antworten aufwirft! Wie erklären Sie den Opfern der Flutkatastrophe, dass für Sie die mit dem Ausbau des Flugplatzes verbundenen Grundstücksverkäufe jetzt wichtiger sind, als mit diesen Geldern Betroffene, Firmen und bedrohte Existenzen zu unterstützen? In Erwartung einer schnellen Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen Richter Vorsitzender
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