MONITOR Nr. 496 am 21.11.2002

 
  Verschwendungssucht bei Aufbau Ost - Großflughäfen ohne Passagiere
Bericht:  Johannes Höflich


Sonia Mikich: "Sparen ist geil, hab ich gelernt - Geiz ist gut. Und Prestigeprojekte? Die sind doch der Größenwahn von gestern.

In Mecklenburg-Vorpommern wurden drei Großflughäfen gebaut. Für, nun ja, 1,8 Millionen Einwohner. Sie sollten Arbeitsplätze schaffen, sie rissen stattdessen tiefe Löcher in die Staatskasse.

Bis heute sind sie Zuschussgeschäfte. Angesichts leerer Kassen und Steuererhöhungen eine Frage an rot-rot in Meck-Pom: Wer bremst endlich den Höhenflug?"

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Grafik Mecklenburg-Vorpommern; Rechte: WDR-Fernsehen 2002Geldverschwendung leicht gemacht. Das geht mit neuen Flughäfen besonders gut, denn dafür fließen üppige Subventionen. Allein in Mecklenburg-Vorpommern wurden von der damaligen CDU-FDP Regierung gleich drei Projekte großzügig gefördert.

Zum Beispiel Schwerin-Parchim, eine ehemalige Militäranlage. Mit über 25 Millionen Euro an Fördergeldern wurde sie seit 1994 von der großen Koalition dann zu einem Prestigeobjekt ausgebaut.

So wurde das Vorfeld komplett renoviert, die gesamte Anlage auf internationalen Standard getrimmt.

Dazu gehört natürlich auch eine moderne Sicherheitsausstattung. Der Flughafen verfügt sogar über eine Nachtfluggenehmigung. Das alles erfüllt den Geschäftsführer mit Stolz.

Wolfram Stegmann, Flughafen Schwerin-Parchim; Rechte: WDR-Fernsehen 2002Wolfram Stegmann, Flughafen Schwerin-Parchim: "Derzeit können also alle Luftfahrzeuge landen, die es eigentlich auf der Welt gibt. Einschließlich Boeing 747, Airbus A310, 320, 340. Eigentlich alles was gang und gäbe ist und womit auch Fracht transportiert werden kann. Passagiere selbstverständlich auch."

Selbstverständlich wurde für die riesige Anlage auch ein neues, großzügiges, Passagierterminal gebaut. Als wir es am Vormittag besichtigen, ist jedoch nichts los.

Reporter: "Guten Tag. Ich möchte heute hier abfliegen. Wohin kann ich denn jetzt fliegen?"

Frau am Schalter; Rechte: WDR-Fernsehen 2002Frau am Schalter: "Also heute geht gar kein Flug."

Reporter: "Gar nichts?"

Frau am Schalter: "Nein."

Reporter: "Haben Sie denn hier so regelmäßige Verbindungen. Lufthansa oder so?"

Frau am Schalter: "Nein."

In Wirklichkeit landen und starten auf dem Vorzeigeflughafen pro Woche nur ein paar Frachtflüge. Dazu vielleicht einige Privatflieger. Das war's.

Auch die 350 neuen Parkplätze braucht niemand. Kürzlich wurde deshalb, diesmal von der rot-roten Landesregierung, die Privatisierung eingeleitet. Zum Schleuderpreis. Was soll's, der Bürger zahlt's ja.

Rund 1,8 Millionen Einwohner hat das von Landwirtschaft geprägte Bundesland. Drei Flughäfen - ist das nicht etwas übertrieben? Wir fahren weiter nach Neubrandenburg.

Man hat uns eigens gebeten mittwochs gegen 14 Uhr zu kommen. Denn dann sind gleich zwei Düsenflugzeuge zu sehen. Die Landung eines Jets ist hier noch immer etwas ganz besonderes und zieht Schaulustige an. Doch wer das Schauspiel jetzt noch live erleben will, kommt zu spät. Zum Winterflugplan wurde der gesamte Charterflugverkehr eingestellt. Und im Alltag steht das schmucke neue Terminal meist leer.

Aber vielleicht kann man ja per Linie von Neubrandenburg aus in andere Städte fliegen.

Reporter: "Kann ich nach Berlin fliegen?"

Frau am Schalter; Rechte: WDR-Fernsehen 2002Frau am Schalter: "Sie können nur nach München fliegen, von hier aus."

Reporter: "Nach München. Wie oft die Woche?"

Frau am Schalter: "Dreimal die Woche."

Reporter: "Was für eine Maschine ist das?"

Frau am Schalter: "Das ist ne Metro-Line von der Firma Regio-Air."

Dreimal die Woche ein Kleinflugzeug mit 18 Sitzplätzen, der gesamte Linienflugverkehr: Für die Geschäftsleitung kein großes Problem.

Peter Bassler, Flughafen Neubrandenburg; Rechte:WDR-Fernsehen 2002Peter Bassler, Flughafen Neubrandenburg: "Bei den Investitionen sind rund 12,7 Millionen für den Bau von Vorfeld-Erschließung der Straße und Terminal investiert worden."

Reporter: "Und die kamen aus Steuergeldern?"

Peter Bassler, Flughafen Neubrandenburg: "Die kamen aus Steuergeldern."

Im SPD geführten Wirtschaftsministerium des Bundeslandes schiebt man die Verantwortung auf die vorherigen Regierungen. Das Geld ist längst verbaut. Dumm gelaufen.

Reinhard Meyer, Staatssekretär Wirtschaftsministerium; Rechte: WDR-Fernsehen 2002Reinhard Meyer, Staatssekretär Wirtschaftsministerium: "Das man sicherlich nicht mit allem zufrieden sein konnte, gebe ich gerne zu. Dann ist es natürlich so, dass man, wenn man Investitionsentscheidungen trifft, die hier zu Beginn der 90er, Mitte 90er Jahre getroffen worden sind, das die ein gewisses Risiko bergen ist vollkommen klar."

Was hat die rot-rote Landesregierung aus der Steuergeldverschwendung gelernt? Wir schauen uns den Flughafen Rostock an.

Hier präsentiert man sich gern mit gut gefüllten Abfertigungshallen und Betriebsamkeit an den Schaltern. Doch die gibt es nur beim Charterverkehr ein paar Mal pro Woche. Der wichtige Linienverkehr läuft auch hier nur spärlich.

Im aktuellen Winterflugplan werden nur Verbindungen nach Nürnberg und München angeboten. Sonst nichts. Und damit die Maschine überhaupt nach München fliegt, müssen wieder Subventionen gezahlt werden. 1,6 Millionen Euro allein in diesem Jahr.

Wie schnell die Träume von neuen Luftdrehkreuzen mitunter platzen, zeigt der Flughafen Cochstedt in Sachsen Anhalt über den Monitor schon einmal berichtete. Der hochmoderne Tower ist wie der ganze Flughafen geschlossen. Eigentlich sollten hier ja Jumbos landen, doch in Wirklichkeit wurden rund 40 Millionen Euro Steuergelder sinnlos verschleudert.

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Sonia Mikich: "Das war ein Mini-Monitor, die nächste ganze Ausgabe gibt's schon am 5. Dezember, wir sehen uns."

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