FLUGPLATZ UND WIDERSPRÜCHE

 

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Auszüge aus dem Brief an die Stadträte vom 26.06.00

Sehr geehrte Stadträte,

am Mittwoch, dem 28.06.2000, wird es in der Stadtratssitzung unter anderem um den Ausbau des Flugplatzes Magdeburg und den damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen gehen. 
Wir sind eine Bürgerinitiative, vertreten die Interessen tausender Bürger (vorrangig im Süden) der Stadt Magdeburg und wurden in der Vergangenheit von Politikern und anderen Verantwortlichen häufig als „Flugplatzgegner“ oder „Ewiggestrige“ verunglimpft. Wir sind für den Erhalt des Flugplatzes Magdeburg in der jetzigen Größe. 
Ergänzend zu unserem Schreiben vom 23.02.99 möchten wir Ihnen mit diesem Brief die Möglichkeit geben, unsere Argumente des Für und Wider bzgl. des Ausbaus des Flugplatzes kennenzulernen und sich mit ihnen auseinander zusetzen. Letztlich müssen Sie ja als Stadtvertreter eine für Magdeburg wichtige Entscheidung treffen, die nicht nur von Emotionen und Publicity, sondern auch vom gesunden Menschenverstand, von Sachlichkeit, Machbarkeit und von Alternativen geprägt sein soll. 
Um Ihnen unseren Standpunkt in kurzen ausgewählten und für Sie mit Sicherheit interessierenden Fakten klar und deutlich darzustellen, möchten wir uns lediglich auf die folgenden zwei Punkte beschränken:

  1. Notwendigkeit
  2. Wirtschaftlichkeit

Die Notwendigkeit des Ausbaus wird von der Flughafen-Magdeburg GmbH

immer wieder als Argument gebraucht, indem sie darauf verweist, daß ein Linienflug für die Ansiedlung von Gewerbe und Industrie und den damit verbundenen Möglichkeiten des Einfliegens von Investoren notwendig sei.

Hierbei verweist sie auf die Notwendigkeit des Einsatzes größerer Flugzeuge, die für diesen Flugbetrieb unerlässlich sei. Eng damit verbunden ist der Hinweis, dass aufgrund bestehender Gesetzlichkeiten nur bis zum Jahr 2005 der Einsatz größerer Flugzeuge, die jetzt noch eine Start- und Landegenehmigung haben, erlaubt sei und danach faktisch das Ende des Betriebes mit den derzeitigen Flugzeuggrößen besiegelt wird. Daher müsse die Start- und Landebahn unbedingt auf 1800 m verlängert werden.

Der Oberbürgermeister (und natürlich die Flughafen Magdeburg GmbH) hat in der Vergangenheit oft davon gesprochen, dass getroffene EU-Regelungen den Ausbau des Flugplatzes notwendig machen. Wo und wann diese Entscheidung getroffen wurde, und wo diese Regelung nachzulesen sei, haben die Betreffenden nie sagen können. Auch der Vorstandsvorsitzende der Flugplatz-Magdeburg GmbH, Herr Balzer, konnte dazu keine Aussagen machen.

Auf die Frage, warum ausgerechnet die Länge der Start- und Landebahn auf 1800 m verlängert werden soll, wurde auf Vorschriften verwiesen. Es wurde nie gesagt, welche das sind und wo diese Informationen eingeholt werden können.

Die Notwendigkeit des Ausbaus wurde von der Bürgerinitiative hinterfragt.

Für die Zukunft werden Gesetzlichkeiten der JarOps 1 gelten. Dort steht geschrieben, daß ab dem Jahr 2005 ohne Sonder- und Ausnahmeregelungen für Flugzeuge über 10 t Gesamtgewicht und mit mehr als 19 Sitzplätzen eine Startbahnlänge von 1200 m vorgeschrieben ist. Eine solche besteht zur Zeit in Magdeburg nicht. 
Da Flugzeuge für den Geschäfts- und individuellen Reiseverkehr eine solche Größe nicht überschreiten, ist auch nicht die Notwendigkeit gegeben, den Flugplatz auszubauen. 
Selbst für Flugzeuge, die diese Dimensionen überschreiten, gibt es ab 2005 noch zahlreiche Alternativen, z.B.:

1.   Es wird beim Regierungspräsidium eine zeitlich unbefristete Ausnahmegenehmigung beantragt. Damit wäre sichergestellt, daß Magdeburg auch ohne Erweiterung der Start- und Landebahn künftig in der Lage ist, Flugverkehr mit größeren Flugzeugen durchzuführen. Schon jetzt gibt es zahlreiche Sondergenehmigungen für Flugzeuge, die eine bestimmte Größe überschreiten oder zu bestimmten Zeiten den Flugplatz Magdeburg benutzen können. Selbst ein Transporter wie die Transall landet jetzt schon regelmäßig in Magdeburg. Eine solche zeitlich unbefristete Ausnahmeregelung wird z.B. vom Flugplatz Dresden genutzt, um auch den Flugverkehr mit größerem Gerät zu realisieren.

2.   Die jetzige Start- und Landebahn wird auf 1200 m (und nicht auf 1800 m!) mit einem wesentlich kleineren finanziellen und Bauaufwand verlängert und genügt somit den Anforderungen der JarOps 1 in vollem Maße. Dadurch ist keine Verlegung der B71, sondern nur ein relativ kleiner Bogen in Richtung Westen notwendig.

3.   Sollte es wirklich einmal dazu kommen, dass ein sehr großes Flugzeug (z.B. ein Boeing 747 „Jumbo Jet“ oder ein Airbus der größten Bauausführung) eine Magdeburger Firma schnell mit großen Bauteilen beliefern soll, dann kann der Flugplatz Cochstedt (30 km weiter) genutzt werden. Er befindet sich in einem ausgebauten Zustand, Flugzeuge aller Art und Größe können dort zu jeder Tages- und Nachtzeit starten und landen.

4.   Selbst wenn langfristig der Einsatz größerer Flugzeuge (z.B. Linienverkehr mit beliebig vielen Sitzplätzen) realisiert werden soll (zur Zeit schreiben nur drei Flughäfen in Deutschland schwarze Zahlen), kann sofort auf die Alternative Cochstedt zurückgegriffen werden. Dort wird schon jetzt neben dem Fachtflugverkehr bei Bedarf Passagierflugverkehr abgewickelt.

 Die von Flugplatz-Lobbyisten häufig zitierte EU-Richtlinie gibt es nicht! Natürlich hat die europäische Flugplatzlobby ein Papier erstellt, welches die betreffenden Flugplatzbetreiber als Argument für einen weiteren Ausbau nutzen. Angeblich sollte dieses Papier immer wieder „demnächst“ Gesetzescharakter erhalten. Aber dabei ist es auch geblieben. Und so wird die Fluplatzlobby noch in zehn Jahren von irgendwelchen (ihren) fiktiven (Wunsch-)Richtlinien sprechen. Lassen Sie sich doch bitte vom OB Polte diese Richtlinien zeigen! Allerdings glauben wir eher, daß auch er diesen „Richtlinien“ und der Flugplatzlobby auf den Leim gegangen ist! Und lassen Sie sich von Herrn Balzer bitte auch sagen, warum er auf die ominöse Startbahnlänge von 1800m kommt, wenn doch nur 1200 m vorgeschrieben sind (und auch dann nur, wenn der Betreiber keinen Antrag auf eine Ausnahmeregelung gestellt hat!)

FAZIT: Um den künftigen Flugverkehr in Magdeburg mit den jetzigen Flugzeuggrößen und auch künftig auch mit wesentlich größeren Maschinen durchführen zu können, ist ein Ausbau des Flugplatzes im Interesse der Stadt Magdeburg nicht notwendig.

Die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus wurde von der Flughafen-Magdeburg GmbH

bis heute nicht nachgewiesen!

Es wird sich immer wieder auf die Prognose im Planfeststellungsverfahren berufen. Und dort sei ja schließlich auch die Wirtschaftlichkeit dargestellt und mit dem positiven Ausgang des Planfeststellungsverfahren nachgewiesen.
Dieses Argument wird leider auch von manchen Stadträten aufgegriffen, die ansonsten eine hervorragende Arbeit für die Stadt Magdeburg leisten. 
Sehr oft wird verschwiegen, wie sich die laufenden Betriebskosten nach dem Flugplatzausbau entwickeln werden. Auch werden immer wieder andere Zahlen für die Kosten des Ausbaus genannt. In etlichen Zeitungsartikeln war nur noch die Rede von 20 Millionen DM. 
Von einigen Politikern wird das Argument gebracht, daß man doch jetzt nicht einfach den Ausbau stoppen könnte, wo doch schon so viel Geld in die Vorbereitung und in das Planfeststellungsverfahren geflossen sei. 
Die von der FMG aufgestellte Prognose beruht auf angeblich vergleichenden Statistiken anderer Flugplätze in Deutschland. 
Auf die Frage, woher das Geld für den Ausbau kommen soll und wer die immens wachsenden jährlichen Defizite der Betriebskosten durch den Ausbau des Flugplatzes tragen soll, wird auf den Stadtrat verwiesen. Der soll sich doch bitte schön entscheiden, an welchen Stellen im Haushalt die Millionen zugunsten der Flugplatzerweiterung gespart werden müssen. 
Meistens wird (insbesondere von selbsternannten Visionären) das Argument der Wirtschaftlichkeit damit vom Tisch gefegt, daß es sich Magdeburg nicht leisten kann, in der Entwicklung zurückzubleiben und die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben.

Die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus wurde von der Bürgerinitiative
von Anfang an in Frage gestellt.

Vor allem auf das Argument der Wirtschaftlichkeit aufgrund des positiven Planfeststellungsbescheids möchten wir etwas genauer eingehen: 

In der Anhörung zum Planfeststellungsverfahren wurde mehrfach von der Antragstellerin (FMG) gesagt, daß in diesem Verfahren die Wirtschaftlichkeit keine Rolle spielt, also auch keine Entscheidung dazu getroffen wird. Das kann man auch im Planfeststellungsbeschluß nachlesen: Die Antwort auf die Frage nach der nachzuweisenden Wirtschaftlichkeit wurde mit folgender Begründung abgelehnt: „Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung ist nicht Grundlage der Rechtfertigung des Vorhabens.“ (S. 128)

Als Grundlage für die Bedarfsermittlung soll die Prognose über die Entwicklung des Passagieraufkommens herhalten. Selbst die FMG gibt im Anhörungsverfahren zu:

„..., daß es teilweise nicht leicht ist, die Prognose nachzuvollziehen.“  Weiterhin ist von der Antragstellerin zu Protokoll gegeben: „Von der Methode her ist es nicht möglich, spezifisch für die Stadt und den Raum Magdeburg eine Prognose zu stellen, die sich aus der wirtschaftlichen Entwicklung ableitet.“ (S. 63, Protokoll Anhörungsverfahren) Und weiter auf Seite 66 wird zugegeben: „Prognose ist - boshaft gesprochen - immer Kaffeesatzlesen“.

Kaffeesatzlesen - das war im wahrsten Sinne des Wortes schon immer eine Spezialität der FMG gewesen. Als Grundlage für die Prognose des Planfeststellungsverfahrens diente folgende Geheimrezeptur: Man nehme sich wirtschaftlich starke westdeutsche Städte mit einem in der Nähe liegenden Flughafen, schaue auf deren Entwicklung, unterstelle Magdeburg einen visionären und gewaltigen wirtschaftlichen Fortschritt, vergleiche ein bißchen...und siehe da, eine großartige Prognose tut sich auf! Beweisen kann man sie nicht. Man muß es halt einfach glauben. 
Wir glauben nicht an die Prognosen der FMG. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, daß sich die Stadt Magdeburg nicht mit westdeutschen Großstädten vergleichen kann, weder in finanzieller noch in wirtschaftlicher Hinsicht. Und dann ausgerechnet noch, wenn man in der glücklichen Lage ist, inmitten des Flughafen-Dreiecks Berlin-Hannover-Halle/Leipzig zu liegen. 
Wenn Sie sich als Stadtvertreter mit der Prognose nicht sicher sind, dann erinnern Sie sich bitte an das Debakel der FMG. Große Umfragen wurden unter Magdeburger Wirtschaftsunternehmen durchgeführt, und schnell prognostizierte die FMG : Unbedingt ist eine tägliche Linie nach Frankfurt und nach München einzurichten, damit der „ständig steigende Bedarf“ endlich befriedigt werden kann. Das Ergebnis kennen Sie wahrscheinlich: In Ermangelung eines Bedarfs ist kein einziges Linienflugzeug jemals gestartet. 
Schnell war der FMG klar: Wir brauchen viel größere Flugzeuge! Bedarfsermittlung? Ganz einfach: Wenn schon nicht die Wirtschaftsbosse mit der Linie fliegen wollen, dann vielleicht alle Magdeburger jedes Jahr nach Mallorca! Und schon stimmt die Prognose wieder. 
Glauben Sie nicht? Wir auch nicht! 
Wir fordern ein unabhängiges Gutachten (wenn möglich ein Gutachter aus der Region Magdeburgs, z.B. Universität Magdeburg, Fakultät für Wirtschaftwissenschaften), der den Bedarf objektiv ermittelt! Und erst ein solches Gutachten kann Rückschlüsse auf die Notwendigkeit und Dimensionierung des Magdeburger Flugplatzes ziehen.  

Noch ein Wort zu den Kosten: Die 20 Millionen sind eine Irreführung! Im Planfeststellungsverfahren hat die FMG zu Protokoll gegeben, daß die Flugplatzerweiterung mindestens 50 Millionen DM kostet. Denn ohne Flächenankauf, Straßenverlegung und die anderen Nebenkosten kann man auch die restlichen 20 Millionen nicht für die Verlängerung der Start- und Landebahn verbauen! 
Aus welcher Schatulle die 50 Millionen und die sich aus der Erweiterung abzuschätzenden jährlichen Betriebskostenerhöhung um eine Vielfaches (siehe Erfurt) des jetzt schon jährlich aufzubringenden Defizits in Millionenhöhe kommen sollen, können wir Ihnen allerdings auch nicht sagen.

 Sie haben die Qual, mit Ihrem gesunden Menschenverstand abzuwägen, ob Sie eine nicht notwendige Erweiterung des Flugplatzes mit ruhigem Gewissen zustimmen oder die Stadt Magdeburg vor einem finanziellen Desaster bewahren.

Ein letzter Gedanke, falls Sie sich immer noch nicht sicher sind:

Durch den Ausbau wird sich natürlich kein Bedarf entwickeln, sondern ein vorhandener Bedarf befriedigen lassen. Wenn also ein Bedarf da ist, wie immer behauptet wird, dann sollte er schnellstmöglich im wirtschaftlichen Interesse der Stadt Magdeburg befriedigt werden! Und wie bekommt man nun heraus, ob ein Bedarf besteht, um ihn dann ggf zu befriedigen, ohne auch nur eine Steuermark zu verschwenden? 
Eine Ausnahmegenehmigung beim RP beantragen, Linienflugzeuge bereitstellen und warten, ob sich ein Bedarf einstellt. Wenn ja, eine unbefristete Ausnahmegenehmigung beantragen oder den Flugplatz evt. auf 1200 m erweitern. Wenn nein, hat sich das Thema Ausbau für die nächsten Jahre erledigt, und keine müde Mark ist verschwendet worden.

Warum wir der Meinung sind, daß kein Bedarf vorhanden ist? Weil dann schon längst Charter- und Reiseverkehr stattfinden würde, dieser aber schon im Ansatz nachweislich kläglich gescheitert ist.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Bürgerinitiative

i.A. Richter, Vorsitzender

Sie können Ihre Meinungen Fragen und Hinweise, hier als E-Mail an uns schicken!  


Weitere Informationen demnächst hier.