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Warum
Magdeburg 3 Großflughäfen braucht
Bericht: Johannes Höflich, Frank
Konopatzki
Klaus Bednarz: "Verschwendungssucht und lokalpolitischer Größenwahn
sind es auch, die eine nicht unerhebliche Mitschuld an der ökonomischen
Misere in Ostdeutschland haben. Nicht der Mangel an Geld scheint
vielfach das Problem, sondern die Art, wie und wofür es ausgegeben wird
- Beispiel Sachsen-Anhalt. Sachsen-Anhalt gehört zu den ärmsten
Bundesländern Deutschlands. Nur durch die Solidarleistungen anderer
Bundesländer wird es vor der Pleite bewahrt. Doch während einerseits
das Geld für Schulen und Kindergärten fehlt, wird es an anderer Stelle
für Prestigeobjekte zum Fenster hinausgeworfen. Ein Beispiel für
Verschwendungssucht sind die Flughäfen rund um die Landeshauptstadt
Magdeburg - protzige Neubauten, für die es überhaupt keinen Bedarf
gibt, und die inzwischen bereits mehr als 100 Millionen Mark
Steuergelder verschlungen haben. Ein Bericht von Johannes Höflich und
Frank Konopatzki."
Anflug auf den Flughafen Magdeburg, ein neues Prestigeobjekt der
Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Mit 26 Millionen Mark öffentlichen
Geldern wurde der Flughafen auf den neuesten Stand gebracht. Dazu gehören
ein neuer Tower mit riesigem Vorfeld und natürlich großzügige
Wartungshallen sowie eine neue Landebahn, inklusive Befeuerung Der
Flughafenchef Peter Fechner ist stolz.
Peter
Fechner, Flughafen Magdeburg: "Wir sind mit diesen
Investitionsmitteln sehr sorgfältig umgegangen, Schritt für Schritt,
innerhalb eines Zeitfaktors von zehn Jahren sind diese Mittel investiert
worden. Das sind Mittel vom großen Gebäude bis hin zum letzen
Stuhl."
Prunkstück des Flughafens ist das Millionen teure Passagierterminal,
der so genannte 'Glaspalast'. Doch, als wir hier Flugtickets kaufen
wollen, erleben wir eine Überraschung:
Reporter: "Guten Tag. Wohin kann ich denn von hier aus
fliegen, vom Terminal?"
Flughafenangestellter:
"Momentan nicht. Wir haben keine Linie oder so was."
Reporter: "Wieso? Aber das ist Terminal ist doch ziemlich
groß hier!"
Flughafenangestellter: "Ja, sicher, aber momentan haben wir
keine Linie."
Geöffnet
wird das Terminal nur, wenn Geschäftsleute oder wichtige Persönlichkeiten
wie Ende April der Kanzler einschweben. Doch meist landen in Magdeburg
nur solche Hobbyflieger. Über Tage beobachten wir ausschließlich
Kleinflugzeuge, für die ein kleiner Sportflugplatz vollkommen
ausreichen würde. Doch beim Airport Magdeburg sorgt ja der Steuerzahler
für beste Flugbedingungen. Für zahlreiche Anwohner wie Wolfgang
Richter erfolgte der großzügige Ausbau des Flughafens vor allem aus
einem Grund.
Wolfgang
Richter, Anwohner: "Das geht hier nur um das Prestigedenken und
Renommiergehabe der Politiker: Magdeburg muss einen großen Airport
haben. Ich weiß gar nicht, ob man sich da mit München und Köln oder
was weiß ich für Flughäfen vergleichen will. Also, es ist völlig
aus der Luft gesogen."
Wie überflüssig der Ausbau ist, zeigt dieses Plakat direkt am
Flughafen Magdeburg, das für Abflüge vom benachbarten Flugplatz
Leipzig/Halle wirbt.
Und tatsächlich, mit dem Auto erreichen wir den Großflughafen
Leipzig/Halle in nur 50 Minuten. Hier wird ebenfalls noch kräftig
gebaut. Zurzeit entstehen riesige neue Kapazitäten. Auch alle Fluggäste
aus Magdeburg könnten hier somit bequem abgefertigt werden. Doch, das
ist noch nicht alles.
Ganz
in der Nähe Magdeburgs liegt noch ein weiterer Flughafen, Cochstedt.
Die Fahrtzeit mit dem Auto: nur zwanzig Minuten. Aus der Luft schon von
Ferne gut zu sehen: die über drei Kilometer lange Landebahn des
Flughafens Cochstedt. Sie wurde erst kürzlich fertiggestellt. Über 80
Millionen Mark Steuergelder flossen in den Ausbau dieser Anlage. Dafür,
so wird uns hier versichert, entstand in Cochstedt einer der modernsten
Flughäfen Europas. Flugzeugtreppen und auch ein modernes
Passagierterminal, alles steht bereit.
Albrecht
Kösel, Flughafen Cochstedt: "Also, wir haben hier eine 24
Stunden Lande- und Startgenehmigung. Die Landebahn hat eine ausreichende
Länge, dass hier eigentlich jede Maschine, die zurzeit am Markt ist,
landen und starten kann."
Reporter: "Also, auch zum Beispiel eine MD 11 oder ein
Jumbojet?
Albrecht Kösel, Flughafen Cochstedt: "Selbstverständlich.
Auch eine MD 11 oder ein Jumbojet."
Doch, was ist auf dem Flughafen wirklich los? Im hochmodernen Tower von
Cochstedt erleben wir die nächste Überraschung. Hier gibt es kaum
etwas zu tun.
Fluglotse:
"Also, heute waren es in etwa 10-12 Flugbewegungen."
Reporter: "Waren das alles Cessnas oder was war das?"
Fluglotse: "Ja, das waren alles Kleinflugzeuge."
Kleinflugzeuge statt Jumbojets. Das Geld des Steuerzahlers, auch hier
wurde es völlig sinnlos ausgegeben. Um den Flughafen wenigstens ein
bisschen zu nutzen, spekuliert man jetzt auf Passagiere aus dem nahen
Magdeburg.
Albrecht
Kösel, Flughafen Cochstedt: "Also, zum Magdeburger Flughafen möchte
ich jetzt hier keine Stellungnahme abgeben. Aber, wir können eigentlich
die Passagiere, die hier im Raum Magdeburg abgefertigt werden müssen,
die können wir hier selbstverständlich abfertigen. Die Voraussetzungen
haben wir."
Also konkurrieren gleich mehrere Flughäfen in der Region Magdeburg um
die wenigen Fluggäste. Für den Bund der Steuerzahler eine Überversorgung
ohne Beispiel.
Helga
Elschner, Bund der Steuerzahler: "Zwei Flughäfen innerhalb
einer engen Region - das kann sich nie rechnen, zumal ja Halle auch auf
dieser Strecke liegt. Das geht gar nicht. Und Ursache ist eigentlich,
dass das Land seit Jahren keine Konzeption für die Entwicklung von
Flughäfen hat, hier in Sachsen-Anhalt. Und jeder wurschtelt so vor sich
hin und gibt Steuergelder aus und was heraus kommt, das sehen wir
jetzt."
Die meisten Millionen, über 80, wurden für den Ausbau von Cochstedt
ausgegeben. Das komplette Flughafenprojekt wurde zu rund zwei Dritteln
aus öffentlichen Mitteln finanziert.
Wir fragen nach beim Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt. Tatsächlich räumt
er Planungspannen in Cochstedt ein.
Jürgen
Heyer, Verkehrsminister Sachsen-Anhalt: "Als seinerzeit die
Entscheidung getroffen worden ist, Cochstedt zu fördern, sind, hat es
nicht nur die Landesförderung gegeben, sondern es hat auch die private
Finanzierung, die Bankfinanzierung des Eigenanteils gegeben. Und alle
beide, also die öffentliche Hand auf der einen Seite und eine private,
große Geschäftsbank auf der anderen Seite haben gesagt: auf die
Investition können wir setzen, die wird sich realisieren lassen und da
haben wir uns geirrt."
So schnell wurden also in Cochstedt viele Millionen in den Sand gesetzt.
Trotzdem soll jetzt auch der Flughafen der Stadt Magdeburg noch weiter
ausgebaut werden, obwohl es auch für ihn keinen Bedarf gibt.
Peter
Fechner, Flughafen Magdeburg: "Die Landebahn ist derzeitig rund
1000 Meter lang und soll auf 1800 Meter ausgebaut werden. Das ist in
einem Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung
untersucht worden. Der Planfeststellungsbeschluss ist im vorigen Jahr
uns überreicht worden. Die Prüfung ist positiv ausgegangen."
Weitere
50 Millionen Mark sollen die Bürger für den Ausbau bezahlen. So teuer
wird es, weil bei 1800 Metern Startbahnlänge diese Straße verlegt
werden muss. Allein das kostet über sechs Millionen Mark. Und ein neues
Instrumentenlandesystem für den Tower darf natürlich auch nicht
fehlen.
Die Flughafenbauten in Sachsen-Anhalt. Größenwahn in einem der ärmsten
Bundesländer.
Klaus Bednarz: "Armes Sachsen-Anhalt."
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