Dipl.-Ing. Ernst Asten

Leiter des Hoch- und Tiefbauamtes des Landkreises Köthen

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Weingart

Hochschule Anhalt (FH), FB Architektur und Bauingenieurwesen, Dessau

 

 

Wirtschaftliche Erneuerung

von Kommunal- und Kreisstraßen

 

 

Auf der 10. Gesamtmitgliederversammlung  der VSVI Sachsen-Anhalt am 16.06.2000 forderte der Minister für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Jürgen Heyer die Mitglieder der Ingenieurvereinigung auf, sich im Interesse der Kostenreduzierung für einen „schlanken Straßenbau“ zu engagieren.

Nachfolgend werden allgemeine Grundsätze für die wirtschaftliche Straßen­er­neuerung und mehrjährige Erfahrungen mit „schlankem Straßenbau“ im Rahmen der Erneuerung von Kommunal- und Kreisstraßen im Landkreis Köthen dargelegt.

 

 

1.      Allgemeine Grundsätze für eine wirtschaftliche Straßenerneuerung

 

Bei der Anpassung des flächen­er­schließenden Straßennetzes, das mehr als 75%  des gesamten Straßennetzes beträgt, an die seit 1990 sprunghaft gestiegene Verkehrs­­­belastung in den neuen Bun­des­ländern besteht ein sehr großer Bedarf zur wirtschaftlichen Straßen­erneuerung.

Es ist auf Grund der in den Haushalten der Landkreise und Kommunen nur in be­grenztem Umfang zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel jedoch nicht möglich, das ge­samte Straßennetz der Kommunal- und Kreisstraßen in möglichst kurzer Zeit in her­kömmlicher Weise grundhaft zu erneuern.

Deshalb sind unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten des geltenden Regel­werkes grundsätzlich Variantenuntersuchungen mit dem Ziel durchzuführen, die jeweils wirtschaft­lichste und umweltschonendste Erneuerungs­variante zu ermitteln.

Mit der gewählten Erneuerungsvariante ist in der Regel mindestens die gleiche Nutzungs­dauer und Tragfähigkeit der erneuerten Straße zu gewährleisten, wie bei dem herkömmlichen grundhaften Ausbau.

Nur in Ausnahmefällen sollte auf den sogenannten Zwischenausbau orientiert werden, bei dem von einer kürzeren Nutzungsdauer ausgegangen wird.

 

Eine kostengünstige Universallösung, die für jede Straßenerneuerung angewendet werden kann, gibt es jedoch nicht.

 

Es muss in jedem Einzelfall nach ausreichender Diagnose des Straßenzustandes die günstigste Erneuerungsvariante unter Be­rück­sichtigung folgender Schwerpunkte ermittelt werden:

 

1.1   Untersuchung der vorhandenen Straßenbefestigung und Bewertung hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit als Tragschicht oder nach entsprechender Aufbereitung als Recyclingbaustoff für die Herstellung der neuen Befestigung

1.2   Anwendung des Hocheinbauverfahrens unter Ausnutzung der Rest­tragfähigkeit der vorhandenen Straße:

Beispielsweise war für die Erneuerung der in Bild 1 dargestellten Wohnstraße, die viele Schlaglöcher aber keine Spurrinnen aufweist, grundhafter Ausbau vorgesehen. Untersuchungen über andere Erneuerungs­varianten  lagen nicht vor. Die Anlieger vertraten jedoch den Standpunkt, dass dieser grundhafte Ausbau nicht erforderlich und zu teuer sei.



Bild 1: Wohnstraße mit ungebundener Trag- und Deckschicht

Nachträglich durchgeführte Tragfähigkeitsmessungen mit dem Plattendruckgerät ergaben, dass eine hohe Resttragfähigkeit vorhanden ist und die ungebundene Befestigung nicht ausgebaut werden muss, sondern als Tragschicht genutzt werden kann, wodurch erhebliche Kosteneinsparungen möglich sind.

1.3   Anwendung des Hocheinbauverfahrens unter Berücksichtigung der Dickenbemessung von Leykauf:

 

Bild 2: Kreisstraße mit Schottertragschicht und dünner Asphaltdecke

Bild 2 zeigt eine sanierungsbedürftige Kreisstraße, die gemäß RStO-E im Hocheinbau erneuert werden kann.
Da keine Spurrinnen vorhanden sind, kann auf die Durchführung von Fräs­arbeiten verzichtet werden.

In diesem Fall ist zur Optimierung der Über­bauungs­dicke die Anwendung des Bemes­sungs­verfahrens nach Leykauf (siehe Straße und Autobahn 7/98) zu empfehlen. Bei diesem Verfahren kann die erforderliche Asphalt­verstärkungs­schicht auf der Grundlage der für jede Bauklasse zulässigen Einsenkung nach Tabelle 1 und der mit Benkelmanbalken gemessenen Einsenkung aus Bild 3 ermittelt werden.

Tabelle 1: Zulässige Einsenkungen mit dem Benkelman-Balken
Bauklasse           Leykauf                      RStO 2000 (Entwurf Sept. 99)
                                                                auf ToB                      auf HGT
SV                                                                      0,28 mm                    0,22 mm
   I                         0,33 mm                    0,31 mm                    0,23 mm
  II                         0,36 mm                    0,34 mm                    0,25 mm
 III                          0,41 mm                    0,37 mm                    0,28 mm
 IV                        0,48 mm                    0,43 mm                    0,32 mm
  V                        0,57 mm                    0,51 mm                    0,35 mm
 VI                        0,72 mm                    0,63 mm                    0,38 mm


Bild 3: Bemessungsdiagramm für eine Verstärkung in Abhängigkeit von der mit Benkelman-Balken gemessenen Einsenkung nach Leykauf

 1.4 Hocheinbauverfahren bei Anwendung des Kaltrecycling in situ:

Bei Straßen mit ausgeprägten Tragfähigkeitsschäden (Bild 4) kann es wirtschaftlicher sein, das Kaltrecyclingverfahren nach Bild 5 und 6 anzu­wenden, bei dem die vorhandene Straßenbefestigung vor Ort aufgearbeitet wird.



Bild 4: Ausgeprägte Tragfähigkeitsschäden auf einer Schotterstraße mit dünner Asphaltdecke

 
Bild 5: Prinzip des Kaltrecyclingverfahrens nach SAT


Bild 6: Kaltrecyclingtechnik

1.5 Anwendung des kombinierten Hoch- und Tiefeinbauverfahrens unter Berücksichtigung der  „Köthener Bauweise“:
 
Wenn eine Straßenerneuerung im Hocheinbauverfahren infolge von Höhen­zwangspunkten nicht möglich ist, kann die Erneuerung nach RStO-E im kombinierten Hoch- und Tiefeinbau­ver­fahren erfolgen. Hierbei wird die alte Straßenbefestigung nicht vollständig, sondern nur teilweise entfernt und die restliche Trag- oder Frostschutzschicht mit der neuen Befestigung überbaut.
Dieses kombinierte Hoch- und Tiefeinbauverfahren stellt vor allem bei kommunalen Straßen eine sehr wirtschaftliche Erneuerungsvariante dar.

Bei sehr geringer Tragfähigkeit der in der Straße verbleibenden Trag- oder Frost­schutzschicht muss jedoch die Überbauungsdicke relativ groß sein, so dass bei solchen ungünstigen Bedingungen kein wesentlicher Unterschied zum grund­haften Ausbau im Tiefeinbauverfahren besteht.

Ein wirtschaftlicher Effekt lässt sich allerdings auch in diesen Fällen noch erzielen, wenn die Tragfähigkeit der verbleibenden Trag- oder Frostschutz­schicht durch ein geeignetes Verfestigungsverfahren dauerhaft erhöht wird. In der Regel eignet sich hierfür am besten eine Verfestigung mit hydraulischen Bindemitteln.

Zur Vermeidung von Reflexionsrissen in der neuen Asphaltüberbauung ist anschließend der Einbau einer speziellen Schottertragschicht mit einem Größtkorn von 22 mm und einem CBR-Wert von mindestens 120 % zweckmäßig.

Die Dicke der neuen Asphaltüberbauung entspricht in der Regel den in RStO  angegebenen Schichtdicken auf Schottertragschichten.

Diese Bauweise wurde im Landkreis Köthen in der Praxis erfolgreich angewendet und deshalb als „Köthener Bauweise“ bezeichnet.

Nachfolgendes Beispiel zeigt die Anwendung dieser „Köthener Bauweise“ bei der Erneuerung einer alten Straßenbefestigung, die sowohl geschädigte Pflaster­steine als auch Tragfähigkeitsschäden aufwies (siehe Bild 7).



Bild 7: Alte Straßenbefestigung mit geschädigtem Großpflaster auf einer Kiessandtragschicht
 
Bei der ursprünglich durchgeführten grundhaften Erneuerung dieser Pflaster­befestigung im Tiefeinbau­verfahren wurde festgestellt, dass das Planum nicht die erforderliche Trag­fähigkeit von Ev2
³ 45 MN/m² aufwies. Aus diesem Grund war  zusätzlich erheblicher Bodenaustausch erforderlich.
Als wirtschaftlichere Erneuerungsvariante erwies sich in diesem Fall die „Köthener Bauweise“, bei der nur das schadhafte Großpflaster und die alte Pflasterbettung entfernt wurden. Außerdem wurde nicht die gesamte Kiessandtragschicht ausgebaut, sondern nur so viel abgetragen, um nach dem Einbau der neuen Pflasterbefestigung die geplante ursprüngliche Höhe der Gradiente wieder zu erreichen.
Die restliche verbleibende Kiessandtragschicht wurde mit Zement verfestigt.
Anschließend erfolgte der Einbau eines Splitt-Brechsand-Natursand-Gemisches 0/22 mm mit einem CBR-Wert von 120 % zum Profilausgleich sowie der neuen Pflasterbefestigung.
Auf diese Weise wurden nicht nur Kosten gespart, sondern auch die Witterungsabhängigkeit verringert und die Bauzeit verkürzt.

 

1.6 Entwicklung und Erprobung von kostengünstigen Straßen- und Wege­befestigungen unter Berück­sichtigung der Verwendung von Recyclingbaustoffen:

In der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahre 1997 ca. 50 Mio. t Recy­c­ling­baustoffe hergestellt. Zu diesem Zweck wurden von der Recycling-Industrie in Deutschland über 25 Mrd. DM neu investiert und 20000 Arbeits­plätze neu geschaffen.  Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungs­wesen hat daher mit Schreiben vom 16.4.1999 an die ARGEBAU-Minister auf die Bedeutung der Recycling-Industrie hingewiesen und den Beschluss der 96. Minister­konferenz dargelegt, wonach zur Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Recyclingbaustoffe vermehrt einzusetzen und bei Normung und Zulassung nachdrücklich zu berücksichtigen sind.
Bei der „Köthener Bauweise“ können derartige Recyclingbaustoffe z. B. zur Kornverbesserung der in der Straße verbleibenden Tragschichtmaterialien oder als Zuschlagstoff für die Verfestigung verwendet werden.

2. Erfahrungen im Landkreis Köthen

 

Im Landkreis Köthen umfasst das Kreisstraßennetz eine Länge von insgesamt ca. 175 km (siehe Bild 8).

 

 

Bild 8: Landkreis Köthen mit Straßenerneuerungsmaßnahmen im
kombinierten Hoch- und Tiefeinbauverfahren nach der “Köthener Bauweise“
Hocheinbauverfahren nach Leykauf

 

Bei der auf diesem Kreisstraßennetz anzutreffenden Straßenbefestigung handelt es sich sehr häufig um 4 m bis 4,5 m breite Großpflasterbefestigungen mit 2 m bis 2,5 m breitem teilweise befestigtem „Sommerweg“ (siehe Bild 9).

 

Unter dem Pflaster befindet sich meist eine 20 bis 30 cm dicke Kiessandschicht.

 

 

Bild 9: Typische Großpflasterbefestigung einer Kreisstraße im Landkreis Köthen

 

Der Untergrund besteht im westlichen Teil des Kreises aus Löß. Im östlichen Teil geht dieser Boden in pleistozäne Sande mit unterschiedlich hohen Anteilen an Schluff über.

Der Grundwasserspiegel liegt in der Regel tiefer als 3 m unter der Straßenoberfläche.

Die Befestigungen sind etwa 80 bis 90 Jahre alt. Den Anforderungen des jetzigen Verkehrs genügen sie nicht mehr.

 

Daneben existieren noch einige Betonstraßen neueren Datums und einzelne Schotterstraßen mit dünnen Asphaltdecken. Auch der Zustand dieser Befestigungen ist ungenügend.

 

Nach 1990 wurde mit der Straßenerneuerung des Kreisstraßennetzes begonnen. Dabei wurde in den ersten Jahren meist der grundhafte Ausbau nach RStO ausgeführt.

Die Kosten für diese Straßenerneuerung im Tiefeinbauverfahren lagen im Durch­schnitt in der Größenordnung von 90 bis 120 DM/m². Sehr bald stellte sich heraus, dass infolge des großen Finanzbedarfs der Ausbau des Gesamtnetzes auf diese Weise in absehbarer Zeit nicht realisierbar ist.

 

Um den berechtigten Wünschen und Forderungen der Bürger im Landkreis nachzukommen, waren auf der Grundlage der RStO-E wirtschaftlichere Erneuerungsvarianten zu entwickeln.

 

Grundsätzlich wurde hierbei der vorhandene Straßenzustand messtechnisch erfasst und die erforderliche Dicke der neuen Straßenbefestigung an die jeweilige Verkehrsbelastung angepasst.

 

Da die auszubauenden Straßen bereits viele Jahrzehnte unter Verkehr liegen, Schwachstellen sich also bereits vor längerer Zeit gezeigt haben und beseitigt wurden, konnte in der Regel auf umfangreichere Baugrunduntersuchungen – wie sie für den Neubau notwendig  sind - weitgehend verzichtet werden.

 

Die Voruntersuchungen wurden auf folgende Aufgaben konzentriert:

·        Messung der Tragfähigkeit der vorhandenen Befestigung

·        Ermittlung des Aufbaus der vorhandenen Befestigung nach Art und Dicke der einzelnen Schichten

·        Messung der Tragfähigkeit der Schichten unter der Decke und des anstehenden Bodens

·        Ermittlung der Materialkennwerte der vorhandenen Baustoffe und des Untergrundes

·        Durchführung von Eignungsprüfungen für Verfestigungen, sofern sich der Einsatz solcher Verfahren aus den ökonomischen Untersuchungen als zweckmäßig erweist.

 

Auf der Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse wurde durch Variantenvergleich die in jedem Einzelfall wirtschaftlichste Erneuerungsvariante ermittelt.

 

Art und Umfang der Untersuchungen wurden vertraglich gebunden.

Wertmäßig entfielen hierauf bei einer Maßnahme von 1,5 bis 2,0 km Länge je nach Schwierigkeitsgrad der zu untersuchenden Trasse etwa 5.000,- bis 10.000,- DM.

 

Im Landkreis Köthen ergaben sich im Wesentlichen folgende Ausführungsvarianten für die Straßenerneuerung:

 

2.1 Asphaltüberbauung der alten Pflasterbefestigung nach vorheriger Schichtdicken­bemessung entsprechend dem Verfahren „Leykauf“ unter Berücksichtigung der notwendigen Zusatzmassen für den Profilausgleich sowie die eventuell erforderliche Straßenverbreiterung

 

 

Bild 10: Erneuerung einer kommunalen Straße im Hocheinbau nach entsprechender  Bemessung der neuen Asphaltschichtdicke (OL Wieskau)

 

2.2 Erneuerung alter Pflasterbefestigungen nach der „Köthener Bauweise“, wobei das alte Pflaster ausgebaut und die vorhandene Tragschicht mit hydraulischen Bindemitteln verfestigt wurde, bevor die neue Asphaltbefestigung auf einer Schotterzwischenschicht eingebaut wurde.

 

Für jede Erneuerungsvariante wurden die Baukosten errechnet und die kosten­günstigste Variante ausgeführt.

 

 

Bild 11: Beispiel der Straßenerneuerung einer alten Pflasterbefestigung nach der „Köthener Bauweise“ mit neuer Asphaltdecke (K 2075 Baasdorf – Arensdorf)

 

2.3 Bei Zementbetondecken wurde im Allgemeinen auf Tragfähigkeitsmessungen verzichtet. Die Platten wurden entspannt und mit 8 bis 12 cm Asphalt überbaut. Erfahrungsgemäß genügen solche Maßnahmen, um Kreisstraßen den Verkehrs­anforderungen für eine lange Zeit anzupassen.

 

2.4 Die im Landkreis Köthen vorhandenen wenigen Schotterstraßen verfügen bereits über eine bituminöse Verschleißschicht, wie Oberflächenbehandlung, Mischsplitt­belag oder Tränkdecke. Nach Einsenkungsmessungen wurde die Dicke der erforderlichen Asphaltverstärkung nach Leykauf berechnet.

 

Die neue Vorgehensweise bei der wirtschaftlichen Straßenerneuerung ermöglichte es, innerhalb kurzer Zeit folgende Bauleistungen im Kreisstraßennetz zu realisieren:

 

14,7 km          Pflaster überbauen                                                             (Var. 2.1)

24,3 km          Pflaster ausbauen und hydraulische Verfestigung          (Var. 2.2)

  6,2 km          Beton überbauen                                                                (Var. 2.3)

  3,6 km          Schotter überbauen                                                            (Var. 2.4)

 

Der Anteil dieser neuen Verfahren an den gesamten Bauleistungen nahm seit 1996 ständig zu. Ab 1998 wurden alle Maßnahmen nach diesen Prinzipien der wirt­schaft­lichen Straßenerneuerung ausgeführt.

 

Besonders hervorzuheben ist, dass ab 1997 auch für alle Ortslagen die „Köthener Bauweise“ angewendet wurde (siehe Bild 12).

 

 

Bild 12: Beispiel der Erneuerung einer kommunalen Straße nach der „Köthener Bauweise“ – Verfestigung der alten Kiessandtragschicht mit Zement im Mixed-in-place-Verfahren (OL Köthen, Krähenbergstraße)

 

Ferner werden aus Mitteln des Kreises jährlich fünf Baumaßnahmen (Tab. 2) mess­technisch kontrolliert. Es handelt sich bei diesen Mess­strecken ursprünglich um alte Groß­pflaster­­befestigungen nach Bild 9 auf 25 bis 30 cm dicker Kiessandtragschicht der Bauklasse IV. Die Bauvorhaben 1, 2, 3 und 5 wurden in „Köthener Bauweise“, das Bauvorhaben 4 in herkömmlicher Weise grundhaft erneuert.

 

Tabelle 2: Übersicht über die Messstrecken

 

Nr.

Bauvorhaben

Baujahr

Neue Befestigung

Länge

Fläche

1

K 2072

Cattau – Wieskau

(OL und freie Strecke)

1996

SMA 0/11 S

ATS 0/32

Verfestigung *)

1366 m

8196 m²

2

K 2075

Baasdorf – Arensdorf

(freie Strecke)

1997

Asphaltbeton 0/11 S

ATS 0/32

STS 0/22

Verfestigung *)

1534 m

9204 m²

3

K 2091

Drosa – Wulfen

(OL und freie Strecke)

1997

SMA 0/11 S

ATS 0/32

STS 0/22

Verfestigung *)

 

 

4

Grundhafter Ausbau

OL Elsnigk

Osternienburger Straße

(Ortslage)

1997

SMA 0/11 S

ATS 0/32

STS 0/32

Frostschutzschicht

253 m

1519 m²

5

K 2077

Meilendorf – Ziebigk

(freie Strecke)

1999

SMA 0/11 S

ATS 0/32  **)

STS 0/22

Verfestigung *)

1237 m

7478 m²

 

*)  Verfestigung mit hydraulischen Bindemitteln der alten Kiessandtragschicht, z. T. nach Kornverbesserung

**)  Asphalttragschichtdicke gegenüber RStO um 2 cm verringert

Auf diesen Messstrecken wird jährlich nach dem Frostaufgang die Einsenkung mit dem Benkelman-Balken gemessen. Die Messungen erfolgen im Abstand von 100 m auf beiden Fahrbahnseiten. Eine Ausnahme bildet Objekt 4, hier verkürzt sich der Messabstand auf 50 m.

 

Die Messergebnisse sind Tabelle 3 zu entnehmen.

 

Tabelle 3: Zusammenstellung der Einsenkungsmessungen mit dem Benkelman-Balken

 

Mess-

termin

Februar 1997

März 1998

März 1999

März 2000

April 2001

BV -Nr.

Bemessungseinsenkung wB [mm] = 10 % Quantil nach ZTVE

1

wB = 0,22

wB = 0,13

wB = 0,20

wB = 0,11

wB = 0,15

2

-

wB = 0,11

wB = 0,16

wB = 0,12

wB = 0,17

3

-

wB = 0,33

wB = 0,24

wB = 0,18

 

4

-

wB = 0,50

wB = 0,38

wB = 0,42

wB = 0,50

5

-

-

-

wB = 0,30

wB = 0,22

 

Die Gegenüberstellung der Einsenkungen in Tabelle 3 zeigt generell, dass bei allen Varianten, die nach der „Köthener Bauweise“ erneuert wurden, die nach Leykauf für die Bauklasse IV maximal zulässige Einsenkung von 0,48 mm deutlich unterschritten wird.

Die auf diese Weise sanierten Straßen besitzen erhebliche Tragfähigkeits­reserven, da die gemessenen Einsenkungen auch noch unter dem für die Bauklasse SV geltenden maximal zulässigen Einsenkungswert von 0,33 mm (Leykauf) bzw. 0,22 mm (RStO 2000 auf HGT) liegen.

 

Dies gilt im Wesentlichen auch für das Bauvorhaben 5, bei dem die Asphaltrag­schicht­dicke gegenüber RStO um 2 cm reduziert wurde.

 

Im Gegensatz hierzu liegt die Einsenkung des nach RStO grundhaft erneuerten Bauvorhabens 4 zwischen wB = 0,38 mm und wB = 0,42 mm. Sie erfüllt damit die für die Bauklasse IV geltende Anforderung von wB = 0,48 mm.

Größere Tragfähig­keitsreserven sind bei dieser Erneuerungsvariante aber nicht vorhanden. Bei der ersten Frühjahrsmessung im März 1998 wurde der maximal zulässige Grenzwert sogar geringfügig überschritten.

 

Diese Unterschiede zwischen den Einsenkungen beider Bauverfahren wurden auch auf folgenden anderen Bauvorhaben festgestellt:                                      

 

·        Industrieverbindungsstraße Wolfen-Jessnitz-Greppin
„Köthener Bauweise“                                                    wB = 0,21 mm
klassische Bauweise                                                    wB = 0,43 mm
    

·        K 2073, OL Reinsdorf – „Köthener Bauweise“          wB = 0,26 mm
K 2073, OL Görzig – klassische Bauweise               wB = 0,50 mm                                  

 


3. Zusammenfassung

 

Durch die gute Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber, Planungsbüro, bauaus­führenden Unternehmen und Hochschule Anhalt konnten im Landkreis Köthen technische Lösungen entwickelt werden, die die Durchführung wirtschaftlicher Straßenerneuerungen zur Erzielung eines hohen Gebrauchswertes ermöglichen.

 

Die Kosten der Straßenerneuerung nach der „Köthener Bauweise“ liegen wesentlich unter denen der nach RStO-E im Tiefeinbau mit Tragschichten ohne Bindemittel durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen, wie aus Tabelle 4 ersichtlich ist.

 

Tabelle 4: Kostengegenüberstellung

 

Bauvorhaben Nr.

Baukosten

Einsparungen gegenüber Bauvorhaben 4

1

42,68 DM/m²

58,51 DM/m²

2

43,26 DM/m²

57,93 DM/m²

4

101,19 DM/m² ***)

-

5

44,95 DM/m²

56,24 DM/m²

***) ohne Kosten für Entwässerung und Gehwege

 

Bei der „Köthener Bauweise“ bewegen sich die Kosten für die Voruntersuchungen in der Höhe der Kosten für die sonst erforderlichen Baugrunduntersuchungen, die Gesamtkosten verringern sich jedoch infolge Verkürzung der Bauzeit, Verringerung der Witterungsabhängigkeit, Einsparung von Erdarbeiten und Materialkosten sowie Verminderung von Massentransporten.

 

Dabei kann der ökonomische Effekt nicht allein in der Senkung der Herstellungs­kosten und der Bauzeit gesehen werden. Es kann auf Grund der höheren Tragfähigkeit und der damit verbundenen geringeren Biegebeanspruchung der Asphalt­befestigung  auch eine Verlängerung der Nutzungsdauer erwartet werden.