Flughafen Magdeburg-Süd - Geschichte in Zeitdokumenten | ||
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Regionalflugplatz
Magdeburg - Landtagsdebatte vom 26.05.1994
Antrag der Fraktionen der CDU und der F.D.P. - Drs. 1/2571; LTB 26.05.1994 Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne - Drs. 1/2600 Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Verkehr - Drs. 1/3717 Ich bitte zunächst den Ausschußvorsitzenden, Herrn Dr. Spotka, zur Berichterstattung aus dem Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Verkehr nach vorn. Bitte. Abgeordneter Herr Prof. Dr. S p o t k a , Berichterstatter des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Verkehr: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses wurde auf Antrag der CDU-Fraktion der Antrag der Koalitionsfraktionen und der dazugehörige Änderungsantrag vom Bündnis 90/Grüne zum Regionalflugplatz Magdeburg zum zweitenmal verhandelt. Grundlage der Verhandlung war ein vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten zur Eignung der vier Militärflugplätze Mahlwinkel, Cochstedt, Köthen und Zerbst als mögliche Standorte für einen Regionalflughafen Magdeburg. Dieses Gutachten kommt zusammenfassend zu dem Schluß, daß keiner der vier Standorte aufgrund der Entfernung zum Wirtschaftszentrum Magdeburg die Funktion als Regionalflughafen voll erfüllen kann. Allerdings sei der Flugplatz Cochstedt noch der günstigste aller ungeeigneten Standorte, (Heiterkeit) da sich sein Einzugsbereich nicht nur auf die Stadt Magdeburg beschränkt, sondern ebenso die Vorharzregion mit abdeckt. Er könnte vor allem dann Bedeutung erlangen, wenn die Stadt Magdeburg an der zeitlich befristeten Nutzung des Geländes als Flugplatz und an der nachfolgenden Umwidmung zum Gewerbegebiet festhält. Die Verhandlung verlief recht zügig, da die Einbringer den Entwurf einer Beschlußempfehlung vorlegten, dessen erste zwei Punkte, wie Sie aus der Beschlußempfehlung leicht ersehen, zwangsläufig unstrittig sein mußten. Die Geister schieden sich jedoch beim dritten Punkt, der beim ursprünglichen Entwurf konstatierte, daß es sich bei Cochstedt um einen grundsätzlich günstigen Standort für den Regionalflughafen Magdeburg handele. Dem widersprach allerdings das Wirtschaftsministerium, so daß man diese Einschätzung durch die Formulierung "ein möglicher Standort für den Regionalflughafen" ersetzte. Die weitere Diskussion wurde durch einen Geschäftsordnungsantrag der F.D.P.-Fraktion auf Abstimmung beendet. Die nachfolgende Abstimmung ergab, daß die Mehrheit des Ausschusses für die Ihnen vorliegende Beschlußempfehlung votierte. Ich bitte Sie daher namens des Ausschusses, sich dieser Beschlußempfehlung anzuschließen. - Danke schön. (Beifall bei der CDU) Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Wir sind somit in der Debatte. Drei Minuten Redezeit. Für die F.D.P.-Fraktion erhält das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Haase. Bitte. Abgeordneter Herr Prof. Dr. H a a s e (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Gutachten aus dem Wirtschaftsministerium kenne ich bisher nicht. Insofern habe ich eigentlich gar keine Veranlassung, dem, was Herr Professor Spotka soeben vorgetragen hat, irgend etwas hinzuzufügen. Ich kann Ihnen nur sagen, nach dem Lesen dieser Beschlußempfehlung komme ich zu der Auffassung, daß wir das alles vor fast genau einem Jahr schon einmal beschlossen haben. Insofern ist das Ergebnis dieser einjährigen Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses - dorthin wurden nämlich unsere Empfehlungen damals überwiesen - hier ganz besonders herauszustellen. - Ich gebe meinen Redebeitrag zu Protokoll und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Zustimmung bei der F.D.P. - Lachen bei der PDS) (Zu Protokoll:) Abgeordneter Herr Prof. Dr. H a a s e (F.D.P.): Vor fast genau einem Jahr haben wir hier eine sehr kontroverse Diskussion über den künftigen Regionalflugplatz Magdeburg geführt. Damals stand diese ganze Angelegenheit unter der maßgeblichen Einflußnahme des Wirtschaftsministers Dr. Rehberger, der den Standort Langenweddingen absolut bevorzugte. Wir sollten diese Diskussion hier nicht wiederholen. Der damalige umfangreiche Antrag der Fraktionen von CDU und F.D.P. einschließlich eines Ergänzungsantrages der Fraktion Bündnis 90/Grüne wurde mit Mehrheit an den Wirtschaftsausschuß überwiesen. Was nach einjähriger Arbeit dabei herausgekommen ist, ersehen Sie an dieser Beschlußempfehlung - im Grunde genommen eine verdichtete Zusammenfassung dessen, was wir damals auch schon gewollt hatten -, nämlich die Notwendigkeit, die Finanzierung des Ganzen entsprechend zu berücksichtigen, den Luftverkehr ausreichend in die Landesverkehrswegekonzeption zu integrieren und schließlich der Hinweis auf Cochstedt. Natürlich bietet Cochstedt eine ganze Reihe von Vorteilen, besonders wenn die Umgehung Egeln fertiggestellt ist und damit der Straßenverkehr von und nach Magdeburg wesentlich erleichtert wird und besonders auch, weil ein unmittelbarer Anschluß dieses Flugplatzes an das Streckennetz der Bundesbahn gegeben ist und so eine Schnellbahnverbindung ohne weiteres möglich wäre. Aber auch dies hatten wir bereits beschlossen, nämlich nicht nur Cochstedt, sondern auch Zerbst sowie Magdeburg-Süd in die erforderlichen Untersuchungen einzubeziehen und nicht nur Mahlwinkel und Langenweddingen, wobei letzteres durch erhebliche Vorbehalte der Ministerien für Umwelt und für Landwirtschaft belastet ist und Magdeburg-Süd auf ernst zu nehmende Proteste von Bürgerbewegungen stößt. Wie dem auch sei: Diesem Antrag kann man natürlich zustimmen. Ich bedauere nur, daß am Ende unserer Legislaturperiode eine Entscheidung über den künftigen Regionalflugplatz der Landeshauptstadt noch nicht gefallen ist, diese also dem künftigen Landtag überlassen bleibt, wobei ich hoffe, daß diese Aufgabe von vornherein als vordringlich erkannt wird und daß sie frei von lokalpatriotischen Einflüssen gelöst werden kann. - Ich stimme für die F.D.P.-Fraktion der Beschlußempfehlung zu. Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Für die PDS-Fraktion erhält der Abgeordnete Herr Dr. Funda das Wort. Abgeordneter Herr Dr. F u n d a (PDS): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, die Beschlußempfehlung deckt den ursprünglichen Antrag ebensowenig ab wie den ursprünglichen Änderungsantrag. Es wird überhaupt nichts mehr zu Magdeburg gesagt. Ich weiß nicht, ob im Ausschuß eine Rolle gespielt hat, daß es sehr ernste Magdeburger Kritiken, besonders aus dem Süden der Landeshauptstadt, gegen den Regionalflugplatz Magdeburg gibt. Ich weiß nicht, ob darüber diskutiert wurde, daß es besonders heftige Kritiken auch in der Richtung gibt, daß dieser Regionalflugplatz sukzessive immer weiter ausgebaut wird und damit immer neue Tatsachen geschaffen werden, die offensichtlich so doch nicht ganz ohne Kritik hingenommen werden dürfen. Weiter halte ich an unserem Standpunkt fest, den wir damals schon hier geäußert hatten, daß es sicher andere Alternativen gäbe, als überhaupt einen Regionalflugplatz für Magdeburg zu finden, nämlich zum Beispiel durch die bessere Anbindung an Schkeuditz. Aber - und das möchte ich hier auch sagen - während wir diskutieren, werden und sind schon in Cochstedt Tatsachen geschaffen worden. Soweit ich weiß, findet am Wochenende dort ein großes Volksfest statt. Der Flugplatz in Cochstedt hat einen Zustand erreicht, der weit über das hinausgeht, was die meisten hier auch nur erahnen, sowohl was die Anbindung, das Flugfeld, die Genehmigungen und alles andere und auch die Praxis anbelangt. Nicht nur die Leverkusener Fußballer sind dort mit einer großen Maschine gelandet, als sie in Magdeburg gespielt haben. (Abgeordneter Herr Seidel, CDU: Richtig!) Ich meine, man sollte noch einmal ernsthaft prüfen. Es gibt eine sehr breite Straße bis Egeln. (Abgeordneter Herr Dr. Buchheister, CDU: Ob sie da landen können? - Heiterkeit bei allen Fraktionen) - Nein, da brauchen sie nicht zu landen. Aber es geht um den Zubringer zum Flughafen. Egeln muß ohnehin umfahren werden. Dort ist die Straße zweispurig. Es geht um Schneidlingen. Dort gibt es sehr ernstes Drängen Schneidlinger Bürger, ohnehin die erforderliche Ortsumgehung zu schaffen. Das darf nicht lange unterlassen werden. Alles zusammengenommen kommt die Cochstedter Variante doch mehr in den Mittelpunkt, als das in diesem Antrag formuliert ist. Ich kann dieser Beschlußempfehlung deswegen nicht zustimmen. Sie ist aus meiner Sicht weder Fisch noch Fleisch. Ich werde diese Beschlußempfehlung ablehnen. - Danke schön. (Zustimmung bei der PDS - Abgeordneter Herr Dr. Buchheister, CDU: Also sollen sie doch auf der Straße landen?) Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Für die Fraktion Unabhängiger Abgeordneter erhält der Abgeordnete Herr Hofmann das Wort. (Abgeordneter Herr Seidel, CDU: Mahlwinkel läßt grüßen! - Weitere Zurufe von der CDU) Abgeordneter Herr H o f m a n n (Fraktion Unabhängiger Abgeordneter): Nein, nein, Mahlwinkel läßt nicht grüßen. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Verkehr in der Drs. 1/3717 die Zustimmung erteilen. Dennoch sind einige Bemerkungen hier angebracht. Es ist völlig korrekt, meine Damen und Herren, daß der Luftverkehr ein wesentlicher, ja, ich meine sogar, eine in bezug auf Fracht- und Personenverkehr expandierende Branche ist, also ein wesentlicher Faktor, der als Teil des Gesamtverkehrs eine entsprechende Berücksichtigung in der Finanzierung finden muß. Es ist aber auch gleichzeitig unkorrekt, zu behaupten, daß ein Flugplatz in der Regel ein Zuschußgeschäft ist, da sie ja, wie der Antragsteller behauptet, im wesentlichen nur rote Zahlen schreiben. Meine Damen und Herren! Hier fehlen ganz einfach beweiskräftige Untersetzungen dieser Behauptung. Es ist korrekt, daß die Erschließung der Luftverkehrsinfrastruktur zur Anbindung von Wirtschaftszentren im Gesamtkonzept der Landesverkehrswege ausreichend berücksichtigt werden muß. Nur, meine Damen und Herren, wie lange soll es denn noch dauern, bis wir ein endgültig schlüssiges Konzept zur Kenntnis bekommen? Unter dem Motto "rein in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln" nimmt dabei die Standortfrage kabarettistische Züge an. Magdeburg ja, dann nein. Mahlwinkel ja, aber. Langenweddingen ja, aber? Nunmehr sind wir also bei Cochstedt/Schneidlingen angekommen. Meine Damen und Herren! Ich warne. Wenn das so weitergeht, dann wird aus dem Konzept zur Schaffung einer wirtschaftlich effizienten Luftverkehrsinfrastruktur am Ende noch eine Investitionsverhinderungsstruktur. So, meine Damen und Herren, stelle ich mir blühende Landschaft nicht vor, auch nicht in Sachsen-Anhalt. Geradezu abstrus stellt sich die Begründung in Punkt 1 in der Drs. 1/2600 dar, indem behauptet wird, daß sich eine Förderung durch Steuergelder verbieten sollte, weil - man höre und staune - der Interessenunterschied zwischen Sport treibenden Piloten und Wohnbevölkerung durch Fluglärm gravierend belastet wird. Ich kann mir vorstellen, daß bei geregelten Zeiten für den Sportflugverkehr zwischen der oben genannten Klientel sicherlich ein Konsens herbeiführbar ist, was andere Regionalflughäfen schon längst beweisen. Meine Damen und Herren! Der Segelflugsport erfreut sich zunehmender Beliebtheit, insbesondere unter Jugendlichen. Wäre dies nicht ein Beitrag im Kampf gegen Gewalt unter Jugendlichen, auch analog im Fallschirmsport? Jedem der hier Anwesenden ist wohl klar, daß von allen eine gewollte wirtschaftliche Entwicklung im Land Sachsen-Anhalt mit den dazu gehörenden arbeitsmarktpolitischen Konsequenzen nahezu mit Notwendigkeit eine entsprechende Verkehrsinfrastruktur sowohl zu Wasser als zu Lande als in der Luft erforderlich macht. Nunmehr sind vier Jahre vergangen. Ich muß gestehen, ich sehe bis heute noch keinen Silberstreif am Horizont, gerade in bezug auf die Luftverkehrsinfrastruktur. Es bleibt zu hoffen, daß die uns vorliegende Beschlußempfehlung einen Impuls zum raschen Handeln gibt, und zwar fern aller regionalen Befindlichkeiten, wie meine Vorredner dies zum Ausdruck gebracht haben, und in Maßgabe einer optimalen Luftverkehrsinfrastruktur wie auch Standortentscheidung. Denn die Konkurrenz um Sachsen-Anhalt herum schläft nicht. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei der Fraktion Unabhängiger Abgeordneter - Zustimmung bei der CDU und bei der F.D.P.) Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne erhält der Abgeordnete Herr Engel das Wort. Abgeordneter Herr E n g e l (Bündnis 90/Grüne): Ich glaube, das über die Rede meines Vorgängers hinaustragende Wort für diese Debatte ist, daß das ganze Thema natürlich einen gewissen kabarettistischen Wert hat. Ich habe draußen schon Frau Weimeister gesehen, die sich gerade für den Flugplatz Zerbst warmläuft. (Heiterkeit bei allen Fraktionen) Nun haben wir es tatsächlich geschafft, aus dem Wirtschafts- und Verkehrsausschuß diese beiden Drucksachen noch einmal in das Plenum zu bekommen. Ich erfülle die Erwartung des Abgeordneten Gürth sehr gern, daß wir darüber noch einmal reden, denn das ist für ihn ein sehr, sehr wesentliches Wahlkampfthema. Herr Dr. Funda hat bereits in das gleiche Horn gestoßen nach dem Motto: Was Gürth recht ist, ist uns billig, im sogenannten Harz-Börde-Kreis. Ich weiß gar nicht, warum Sie diesen Namen überhaupt wählen. Wir haben Ihnen im Innenausschuß mit Aschersleben-Staßfurter Landkreis eine solch schöne Vorlage gegeben, (Abgeordneter Herr Gürth, CDU: Das bekommt man auf kein Dienstsiegel drauf!) damit sie wenigstens die Autonummer von Aschersleben behalten können. Das war unsere Idee. Aber Sie wollen es nun ganz anders. Das wäre übrigens ein viel besseres Thema für Ihren Wahlkampf. Das könnte ich Ihnen einmal empfehlen, weil wir Ihnen so gute Steilvorlagen gegeben haben. Aber noch einmal zurück zu dem Thema dieses Verkehrslandeplatzes. Hier wurde angeführt, daß die wirtschaftliche Entwicklung an diesen Flugplätzen hängen sollte. Das ist doch totaler Unsinn. (Zustimmung bei der SPD) Wir sind uns doch alle darüber einig, daß ein ganz wesentlicher Effekt solcher Flughäfen doch davon abgeleitet wird, daß wir im Augenblick ein im Gedenken an Franz Josef Strauß völlig überzogenes Steuerrecht bei Benzinpreisen haben, daß wir im Augenblick Benzinpreise zum Nulltarif im Steuerrecht haben. Deswegen erfreuen sich der Motorflugsport und alles, was sich darum herum gruppiert, sowie auch der Geschäftsflugverkehr einer sehr, sehr großen Beliebtheit. Wenn wir das, was auf dem Kopf steht, einmal auf die Füße stellen, daß nämlich dort Steuern eingenommen werden, wo sich die sozial Starken am Gemeinwesen beteiligen können, dann wird es um den Bedarf in dieser Richtung ganz anders aussehen. (Beifall beim Bündnis 90/Grüne) Ich bin mir gar nicht ganz sicher, ob wir dieser Beschlußempfehlung zustimmen oder ob wir sie ablehnen sollen. Sie ist so schadlos wie sonst etwas. Es wird an dieser Stelle überhaupt nichts passieren. Wir werden nur Herrn Gürth etwas für seinen Wahlkampf mit auf den Weg geben. Möge er glücklich werden mit seinem Flugplatz in Cochstedt, er wird auch in der nächsten Legislaturperiode nicht kommen. Vielleicht werden an deren Ende wieder mehrere Abgeordnete hier stehen und darüber nachdenken, wie man dieses Thema im Wahlkampf vermarkten kann. Denken Sie aber auch ein klein bißchen an die Haushaltssituation dieses Landes und der Landkreise und Kommunen, die von diesem Flugplatz nicht nur positiv betroffen sind, wie Sie das ausdrücken. Sie sind immer noch die Antwort schuldig auf die Frage, wer das bezahlen soll, mit welchen Anteilen sich die Landkreise daran beteiligen sollen. Wo sind denn die großen Überplanbestände der Landkreise, mit denen sie sich an der Betreibung dieses Flughafens beteiligen können? Mein verehrter Vorredner hat - vielleicht in seiner Abschlußrede - hier erklärt, es gebe keinen Beweis dafür, daß alle Flugplätze rote Zahlen schreiben. Auch vom Wirtschaftsministerium wurde sehr eindrucksvoll dargestellt, daß es in Deutschland nur einen einzigen Verkehrslandeplatz gebe, der wirtschaftlich betrieben werden kann. Alle anderen Plätze sind Zuschußgeschäfte. Das Zuschußgeschäft wird in erster Linie durch das Land und in zweiter Linie durch die beteiligten Gebietskörperschaften getragen. Dies klären Sie erst einmal auf, welche Belastungsinvestition ein Verkehrslandeplatz - ob er nun bei Frau Weimeister in Zerbst oder bei Ihnen in Aschersleben oder sonstwo ist - für die Region, für das Steueraufkommen bedeutet. Das erklären Sie den Leuten, wenn es um Kreisumlagen geht. Ihre hochfliegenden Pläne sind dazu verurteilt, irgendwann abzustürzen, das aber ohne Fallschirm. (Beifall beim Bündnis 90/Grüne, bei der SPD und bei der PDS) Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Herr Gürth das Wort. Bitte. Abgeordneter Herr G ü r t h (CDU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich eingangs auch auf das eingehen, was mein Vorredner Herr Engel gesagt hat. Sie haben natürlich recht, ein Flugplatz in Cochstedt wird nicht kommen, denn der ist schon da. Unabhängig davon geht es ja nicht um das Vorhandensein eines Flugplatzes hier oder dort. Da hatten wir ja viele, insbesondere militärische Flugplätze. Ich möchte trotz des sehr stark lokalen Bezuges dieses Antrags und auch im Vorfeld der anstehenden Termine im Juni versuchen, den Lokalpatriotismus, den auch ich in mir habe, nicht überschwenglich zum Ausdruck zu bringen. Die Geschichte dieses Antrags geht zurück auf die Verabschiedung des Raumordnungsgesetzes. Dort sind unter Punkt 2.4.4 zwei Standorte als Vorrangstandorte zur Untersuchung auf die Eignung als Regionalflugplatz Magdeburg ausgewiesen. Ursache für die Benennung dieser zwei Standorte und überhaupt für die Aufnahme des Themas Regionalflugplatz Magdeburg in das Raumordnungsgesetz war, daß man dem Luftverkehr eine entsprechende Bedeutung beigemessen hat. Wer die wirtschaftliche Entwicklung in den Industrieregionen beachtet und wer weiß, daß allein in diesem Jahr Fluglinien von Regionalflugplätzen in Deutschland auch nach Übersee gestartet worden sind, weil der Bedarf eben größer ist, und wer weiß, wie seitens der Wirtschaft, seitens der Kammern auch gefordert wird, in der Verkehrsinfrastruktur an den Luftverkehr angebunden zu sein, der weiß natürlich auch, wie sehr die Landeshauptstadt Magdeburg die Anbindung durch einen Regionalflugplatz braucht. Regionalflugplatz heißt nicht Überseeverkehr, heißt nicht die Funktion von Halle/Leipzig oder Hannover oder Berlin zu übernehmen, sondern den Geschäftsreiseverkehr und den Sportflugverkehr aufzunehmen, der hier stattfindet und der auch hier den Bedarf hat. Im Zusammenhang mit der Standortauswahl hat es beim Wirtschaftsministerium ein Gutachten gegeben, das sogenannte Dambach-Gutachten. Dieses Gutachten wurde, nachdem es fertig war, den Gebietskörperschaften vorgestellt. Alle waren sich bei der Vorstellung dieses Gutachtens darin einig, daß das, was dort ausgesagt wurde, für eine Standortentscheidung im Landtag nicht ausreicht. Infolgedessen wurde am 5. Mai 1993 - so lange ist das mittlerweile her - dieser Antrag gestellt, daß das Wirtschaftsministerium umgehend dafür sorgen solle, daß die Voraussetzungen für eine Standortentscheidung überhaupt erfüllt werden. Das heißt, es sollten die flugtechnischen Eigenschaften, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und verschiedenes andere auch untersucht werden, was maßgeblich ist, bevor man eine Standortentscheidung trifft. Im Hintergrund hat natürlich ein weiterer Aspekt eine Rolle gespielt. Beim Standort Langenweddingen gab es nicht nur seitens der Naturschützer, sondern auch seitens der Landwirtschaft und seitens der Gebietskörperschaften einen Widerspruch wegen der Versiegelung des Bördebodens in dieser Region. Infolgedessen kam die Forderung auf, daß die vorhandenen Militärflugplätze, wo Böden versiegelt sind, wo zum Teil flugtechnische Eigenschaften hervorragend ausgewiesen sind, auf die Eignung als Regionalflugplatz überprüft werden sollten. Allerdings ist als Ergebnis der Untersuchung bei allen Flugplätzen herausgekommen, daß sie ein Kriterium nicht vollends erfüllen können, das auch von Bedeutung ist, nämlich die Anbindung an die Landeshauptstadt Magdeburg. Insofern ist Magdeburg-Süd inzwischen ausgebaut worden und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Es gibt aber auch Proteste gegen diesen Flugplatz. In der jetzt vorliegenden Beschlußempfehlung sind nur noch einmal die Ergebnisse der inzwischen erfolgten weiteren Untersuchungen zu den bereits genannten ehemaligen militärischen Flugplätzen zusammengefaßt worden. Dabei konnte festgestellt werden, daß alle untersuchten Standorte etwas weit entfernt sind. Man sprach von über 30 Minuten Fahrzeit. Das bestreiten natürlich alle Kämpfer für ihren jeweiligen Flugplatz, seien es die Zerbster oder sei ich das für Cochstedt oder andere für Cochstedt. Das ist völlig klar. Unabhängig davon ist das ein Fakt, den man natürlich hinnehmen muß. Das muß man auch ganz offen fortsetzen. Im Hinblick auf die flugtechnischen Eigenschaften, die Wirtschaftlichkeitsberechnung usw., auch in der Anbindung im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan und der Landesverkehrswegekonzeption, nämlich dem bereits in diesem Jahr beginnenden Bau von Ortsumgehungen, im Bereich von Egeln und Egeln-Nord zum Beispiel, wird Cochstedt eine Rolle spielen. Ob Cochstedt einmal Regionalflugplatz wird, vermag ich nicht zu sagen. Dieser Antrag besagt lediglich, daß es aufgrund des Ergebnisses der bisherigen Untersuchungen in eine weitere Prüfung einbezogen werden soll. Wir werden im Landtag vielleicht in der nächsten Legislaturperiode vor einer Entscheidung stehen, weil das Land für seine Landeshauptstadt einen Regionalflugplatz mit einer entsprechenden Widmung braucht, verbunden mit den rechtlichen, vielleicht auch finanziellen Konsequenzen. Dann wird dieser Standort mit eine Rolle spielen. Aber dann werden mit Sicherheit auch andere Standorte -Magdeburg-Süd und vielleicht weitere - ebenfalls einbezogen werden. Wichtig ist auch die Bedeutung des Luftverkehrs aus wirtschaftlicher Sicht. (Zuruf von der PDS: Darüber wollen wir lieber nicht reden!) Die CDU-Fraktion ist der Meinung, daß die Landeshauptstadt Magdeburg einen Regionalflugplatz braucht und daß in der Landesverkehrskonzeption die Anbindung über den Luftverkehr für die Landeshauptstadt geregelt werden muß, natürlich auch die eventuelle finanzielle Beteiligung des Landes. - Vielen Dank. (Beifall bei der CDU, bei der F.D.P. und bei der Fraktion Unabhängiger Abgeordneter) Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Vielen Dank, Herr Gürth. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Felke das Wort. Abgeordneter Herr F e l k e (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich gebe meine Rede zu Protokoll, weil ich sonst große Teile der Aussagen des Kollegen Engel wiederholen müßte. (Zustimmung bei der SPD) (Zu Protokoll:) Abgeordneter Herr F e l k e (SPD): Wir halten ein Gesamtverkehrssystem für notwendig, das alle Verkehrswege - Straße, Schiene, Wasser, Luft sowie Informationsnetze - miteinander verbindet und den Erfordernissen der Umweltschonung, der Energieeinsparung, der Sicherheit, der Wirtschaftlichkeit und der Wettbewerbsgleichheit Rechnung trägt. Einen Verkehrsflughafen auf dem Territorium des Landes Sachsen-Anhalt halten wir aufgrund der Nähe zu den Flughäfen Leipzig/Halle, Berlin und Hannover für verzichtbar. Eine besondere Rolle nimmt dabei zweifellos der Flughafen Leipzig/Halle ein, dessen Weiterentwicklung auch künftig von seiten der Landesregierung Sachsen-Anhalt unterstützt werden sollte. Den Neubau von Regionalflughäfen lehnen wir ab. Wir sind der Überzeugung, daß deren Funktion des Kurzstreckenluftverkehrs grundsätzlich durch den Eisenbahnverkehr ersetzt werden sollte, der dann natürlich auch an die nahegelegenen Verkehrsflughäfen angebunden werden muß. Unter sorgfältiger Abwägung mit den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes sollte eine angemessene Zahl technisch und wirtschaftlich leistungsfähiger, die Sicherheit des Flugbetriebes voll gewährleistender Verkehrslandeplätze für Sachsen-Anhalt vorgehalten werden. Die in den bisherigen Untersuchungen des Wirtschaftsministeriums gemachten Aussagen zur Anzahl dieser Verkehrslandeplätze halten wir ebenfalls für ausreichend. Der vorliegenden Beschlußempfehlung zum Regionalflugplatz Magdeburg können wir nicht zustimmen. Diese Ablehnung stützen wir auch auf die Aussagen des vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen unabhängigen Gutachtens. Dieses kommt zu dem Schluß, daß allein aufgrund der Entfernung zum Wirtschaftszentrum Magdeburg keiner der vier untersuchten Militärflugplätze Mahlwinkel, Köthen, Zerbst und Cochstedt die Funktion eines Regionalflughafens voll erfüllen kann. Darüber hinaus wird in dem Gutachten vermerkt, daß sich durch den Aus- bzw. Neubau von Autobahnen die Erreichbarkeit der umliegenden Verkehrsflughäfen verbessern wird und damit die Konkurrenzsituation zu einem weit von Magdeburg entfernt gelegenen Regionalflughafen weiter verschärft würde. Hinzu kommt als ein weiterer Aspekt die Konkurrenzsituation zum Flugplatz Magdeburg-Süd. Der unter Punkt 3 der Beschlußempfehlung aufgeführte Flugplatz Cochstedt käme unter den genannten Prämissen nach Aussagen des Gutachtens noch am ehesten in Frage, allerdings auch ohne die Funktion eines Regionalflughafens, sondern eher als Verkehrslandeplatz. Ungeklärt sind darüber hinaus sämtliche Fragen der Finanzierung für eine derartige Investition. In der Summe sind es wohl diese Punkte, die letztlich dazu führten, daß sich auch zwei Abgeordnete der Koalition dieser Beschlußempfehlung im Ausschuß nicht anschließen konnten. Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Vielen Dank, Herr Felke. - Für die Landesregierung erhält das Wort der Minister für Flugverkehr. (Heiterkeit) Herr Minister Lukowitz, bitte. Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Herr L u k o w i t z : Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte es sehr kurz machen. Ich bin sehr stolz auf den neuen Titel und ich möchte auch nicht über den Verkehrslandeplatz Ballenstedt reden, (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der PDS) weil mir dann möglicherweise das gleiche Schicksal widerfahren würde wie Herrn Gürth. (Abgeordneter Herr Engel, Bündnis 90/Grüne: Der hat seine Schlagzeile schon weg!) - Aber unschuldig weg, Herr Engel. Sie wissen, daß wir immer unschuldig sind, wenn schlecht über uns geredet wird. - Ich habe nur ganz wenige Bemerkungen zu machen. Erstens. Im Grunde hat die Landesregierung keine Einwände gegen die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, weil sie tatsächlich, so wie Herr Engel gesagt hat, relativ unschädlich ist. Zweitens. Ich denke doch, daß das Land Sachsen-Anhalt und die Landeshauptstadt Magdeburg künftig einen Regionalflughafen benötigen werden. Denn ich bin der festen Überzeugung - da unterscheide ich mich von Herrn Engel -, daß der Luftverkehr tatsächlich ein notwendiges Instrument bei der gesamten Verkehrsinfrastrukturentwicklung der Zukunft sein wird. Es wäre meiner Auffassung nach viel zu einfach, mit solchen schlaksigen Bemerkungen den Luftverkehr, auch den kleinen Luftverkehr, herauszunehmen. Es gibt deutliche Anzeichen, daß die wirtschaftliche Entwicklung im Lande auch diesen kleinen Luftverkehr nötig hat. Drittens. Es ist meiner Auffassung nach wirklich wichtig, daß wir über die Festlegung des Standortes für den Regionalflughafen in Magdeburg weiter reden. Herr Gürth hat auf das vorliegende Gutachten Bezug genommen. Alle untersuchten ehemaligen militärischen Flugplätze liegen verkehrlich nicht günstig für einen Regionalflugplatz. Herr Funda hat deutlich gemacht, daß Magdeburg weiter ausgebaut hat. Herr Funda, ich möchte Ihnen die Bemerkung entgegensenden, daß es eine kommunale Angelegenheit war und daß das Land sich hier in keiner Weise beteiligt hat. Ich darf Ihnen zum Schluß meine ganz persönliche Überzeugung mitteilen: Ich denke, daß ein geeigneter Standort für einen Regionalflughafen für das Land Sachsen-Anhalt der Standort Magdeburg-Süd sein wird. Vizepräsidentin Frau P i e p e r : Vielen Dank, Herr Minister. Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 1/3717. Wenn Sie der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Verkehr Ihre Zustimmung geben wollen, bitte ich Sie um das Erheben der Stimmkarte. - Gibt es Gegenstimmen? (Abgeordneter Herr Scharf, CDU: Das muß ausgezählt werden!) - Ich denke auch, da sollten wir auszählen. Das Ergebnis ist nicht eindeutig. Ich bitte nochmals um die Jastimmen für die Beschlußempfehlung. (Lachen bei der SPD - Zurufe: Weiter so! - Hammelsprung!) Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Wir haben für die Beschlußempfehlung 20 Stimmen gezählt; gegen die Beschlußempfehlung haben 24 Abgeordnete gestimmt, sechs Stimmenthaltungen. Damit ist die Beschlußempfehlung abgelehnt. Es sieht so aus, als ob sich die jahrelange Beratung im Ausschuß nicht gelohnt hat. Der Tagesordnungspunkt 23 ist damit erledigt. (Abgeordneter Herr Geisthardt, CDU: Hornberger Schießen!)
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