"Entschuldung" der Flughafen Magdeburg GmbH

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Am 04.09.2003 wurde im Stadtrat der Beschluss gefasst, die Flughafen Magdeburg GmbH [FMG] zu "entschulden". Es ging dabei um einen Kredit, den die FMG vor zehn Jahren aufgenommen hatte, um den damaligen Ausbau der Start- und Landebahn zu finanzieren...

Jetzt sollte der Steuerzahler einspringen und das für die Ablösung des Kredits notwendige Geld zur Verfügung stellen.

Als "Investition", wie die Stadtverwaltung dem Bürger weiszumachen versuchte!

 

 

 

                                                                                                     Magdeburg, 05.09.03

 

Die "wundersame Entschuldung" der Flughafen GmbH

Ein groteskes Stück aus dem Tollhaus, das den Bürger als Steuerzahler zur Finanzierung privater Schulden zur Kasse bitten soll!

Am 04.09.2003 wurde im Stadtrat ein Beschluss gefasst, die Flughafen Magdeburg GmbH [FMG] zu "entschulden".

Es ging hier um die Rückzahlung eines Kredits, den die FMG vor zehn Jahren aufgenommen hatte, um den damaligen Ausbau der Start- und Landebahn zu finanzieren.

Unter der Prämisse der Eigenerwirtschaftung finanzieller Mittel durch die FMG war nicht eingeplant, dass die jetzt verbliebene Kreditsumme von 850. 000 Euro durch die Stadt Magdeburg zu tilgen sei.

Da die FMG eine rein städtische GmbH ist und daher nicht in Insolvenz gehen darf, musste und muss die Stadt bei finanziellen Differenzen einspringen und mit den Geldern der Magdeburger Steuerzahler eventuelle Löcher stopfen.

Das Ganze wurde bereits einige Tage vorher (27.08.2003), durch den Finanz- und Grundstücksausschuss mit knapper SPD-CDU-Mehrheit geboxt.

Im Beschlussentwurf war auf mehreren Seiten nebulös das Ablösen eines Kredits durch neue finanzielle Lasten als eine Investition dargestellt, was buchhalterisch völliger Humbug ist. Diese Beschlussvorlage hatten wir zu unserem eigenen Verständnis mit Finanzexperten beraten. Das Ergebnis gab unseren Befürchtungen einer unsoliden Finanzierung recht, da diese Beschlussvorlage eine verschleierte Subvention für die Flughafen GmbH darstellt.

Einer Prüfung durch entsprechende Fachleute, die durch den Stadtrat bzw. den Ausschuß in Auftrag gegeben werden müsste, hätte dieser Beschlussvorlage auf keinen Fall standgehalten. Die Stadt sträubte sich aber anscheinend gegen eine solche notwendige Prüfung

Es war schon eine eigenartige Mischung aus Unwissenheit und Ignoranz, wie man auf solche hahnebüchenen "Argumentationen", wie im Beschlussentwurf dargestellt, kam und dem Steuerzahler mit dieser Begründung zumutete, private Schulden der FMG in öffentliche Schulden umzuwidmen, um diese dann vom Steuerzahler bezahlen zu lassen.

Unsere Stellungnahme zu diesem ungeheuerlichen Vorgang hatten wir vorab in einem Brief (siehe unten) an alle Stadträte deutlich gemacht und hofften, dass die Verantwortlichen dieser Stadt Ihre Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler wahrnehmen würden und diesen Beschlussentwurf auf die rechtliche und haushaltstechnische Korrektheit hin sowie über die möglichen Folgen dieser "Entschuldung" zu prüfen.

In der Stadtratssitzung am  04.09.2003 kam es (wieder einmal) zu einem mehrheitlichen SPD-CDU-Beschluss: Der Entwurf wurde angenommen, und wieder muss der Magdeburger Steuerzahler für die finanziellen Verluste der Flughafen GmbH aufkommen!

Im Volksstimmeartikel vom 06.09.03 war anschließend zu lesen, dass angeblich nicht benötigte Haushaltsmittel der Grundstücksankäufe für die Umverlegung der Bundesstraße 71 bereitgestellt werden würden. Einige Zeit später wurde in der Stadtratssitzung die Schließung aller Stadtteil- bibliotheken beschlossen sowie vieles andere ebenfalls, was den Magdeburgern lieb und heilig war. Hätte man zu diesem Zeitpunkt die finanziellen Überhänge (auf Grund der (vielleicht beabsichtigten?) Fehlplanung der Flughafen GmbH zur Verfügung gehabt, wären viele dieser Einschnitte verhindert werden können. 

Die Mehrheit der Stadträte wollte es nicht. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und das Abstimmungsergebnis akzeptieren.

Unabhängig der Tatsache, dass Herr Bromberg in etlichen Statements (auf die wir hier zunächst nicht näher eingehen möchten) auf einmal nichts mehr von "Taschenspielertricks" wissen wollte, drängen sich Fragen auf, die auch er sich als Ausbaubefürworter im Vorfeld hätte beantworten müssen:

Warum wurde der Kredit der Flughafen GmbH nicht, wie geplant, aus prognostizierten Einnahmen durch Erlöse aus  Passagier-, Start- und Landegebühren finanziert? Hat sich das Passagierverkehrs- aufkommen nicht wie geplant etabliert? Ist nicht genau diese Tatsache ein Indiz dafür, dass auch zukünftig für die Ablösung neuer Schulden (in Form von gekürzten, aber trotzdem zu zahlenden Betriebskosten[zuschüssen] von der Stadt) zusätzliche Gelder bereitgestellt werden müssen?

Was ist, wenn der Flugplatz nicht ausgebaut wird? Zusätzliche Schulden werden die Stadtkasse belasten. Welche nächste Institution soll finanziell für den grenzenlosen Wahnsinn der Flughafen GmbH "bluten"? Sind damit nicht notwendige Investitionsmittel in Gefahr, die nachhaltig Arbeitsplätze schaffen würden und statt dessen für den Zuschussbetrieb Flughafen GmbH vergeudet werden?

Und jetzt noch ein Tipp für all diejenigen, die finanzielle Mittel für die Aufrechterhaltung ihres (auch insbesondere desaströsen) Wirtschaftsbetriebes gegenüber der Stadt einklagen möchten:

Nehmen Sie sich irgendein (fiktives) Projekt vor und fordern Sie von der Stadt (politische Lobby wünschenswert und hochprofitabel) finanzielle Mittel in vielfacher als der realistischen Höhe ein [Auch wenn Sie überhaupt Nichts benötigen.]. Hinterher erklären Sie, dass Sie auf Grund von "Einsparungen" nur ein Zehntel der veranschlagten Mittel benötigen! Gut: Kein Mitarbeiter der Stadt wird Sie nach den Gründen der "Einsparung" fragen, oder ob diese "Einsparungen" nicht sowieso von vornherein hätten absehbar sein müssen.

Die restlichen neun Zehntel fordern Sie von der Stadt Magdeburg für die Tilgung Ihrer Schulden ein. Wenn nötig erklären Sie, dass Sie die Schulden auch als "Investitionen" ausweisen könnten, auch wenn es im Prinzip neue Schulden sind. So sind Sie jetzt nicht nur auf einen Schlag die Schulden los. Sie haben sie auch noch nicht mal anteilig zurückzahlen müssen. 

Sollte es Abgeordnete geben, die das merkwürdig finden, so verweisen Sie auf die Tatsache, dass dies genau so in der Stadtratssitzung am 4. September 2003 mit der Entschuldung der FMG geschah.

Falls jemand behauptet, dass zuviel veranschlagte Fördermittel an die Stadt zurückgeführt werden müssten (wie allgemein üblich), verweisen Sie ebenfalls auf die oben angeführte Stadtratssitzung. Besitzen Sie zudem noch eine politische Lobby, haben Sie ausgezeichnete Karten. 

Von der Stadtratsmehrheit werden Sie fortan gelobt und bejubelt. Auch zukünftige Schulden müssen Sie nicht mehr fürchten (die Stadt übernimmt diese gerne für Sie, leidenschaftlich als "Investition" bezeichnet), und auch Ihre Prognosen wird niemand mehr prüfen.

Natürlich werden Sie für Ihre Mühen zusätzlich entschädigt: Für jedes neue Märchen bekommen Sie Platz für tolle Zeitungsartikel. Eine kommunale Gesellschaft wird Ihnen für das Verlegen einer eigenen Zeitschrift behilflich zur Seite stehen. Auch wenn diese Zeitschrift niemand lesen wird (Tipp: Versuchen Sie bloß nicht, Recherchen über die Außenwirkung dieser Zeitung zu erwirken!), zeigen Sie diese Zeitung allen Stadträten! Kündigen Sie darin immer wieder neue, noch großartigere Geschichten an! Erwähnen Sie allerdings auf gar keinen Fall die (Nicht-)Realisierung Ihrer Ideen!

Nur wer Visionen hat, kann noch die letzten Steuergelder abkramen! Das müsste Ihnen Ihr persönlicher Vorteil wert sein!

Dem OB und einigen Stadträten fehlen gelegentlich Visionen. Sie sind gespannt auf die Verwirklichung Ihrer Ideen! Der Halbmerkzeit dieser Stadträte können Sie sich gewiss sein...

 

Brief an die Stadträte (in Vorbereitung der Stadtratssitzung) 

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 04.09.2003 soll in der Stadtratssitzung über den "Beschlussvorschlag" mit dem Kurztitel "Entschuldung der Flughafen Magdeburg GmbH (FMG)" abgestimmt werden. Er wurde in der Ausschußsitzung am 27.08.2003 bereits beraten.

Wir möchten Sie dringend bitten, diese Beschlussvorlage gründlich zu studieren. Nach unserer Meinung ist diese Beschlussvorlage eine verschleierte Subvention für die Flughafen GmbH. Haushaltstechnisch sowie moralisch stellt sie eine eklatante Verletzung allgemeiner Grundsätze eines soliden Haushaltsgebarens einer Kommune dar.

Hier kurz zusammengefasst die Gründe:

Die Stadt entschuldet die FMG aus ihren Mitteln des Vermögenshaushaltes um 850 Tsd. EUR und erreicht damit folgendes:

Durch die Entschuldung erhält die FMG eine zweifache Entlastung, indem

    1. die Schulden der FMG ohne eigenes wirtschaftliches Dazutun abgebaut werden und damit das Eigenkapital erhöht wird,
    2. optisch die Investitionssumme für den geplanten Ausbau reduziert und
    3. durch die Einsparung der Zinsen die Verlustrechnung "frisiert" wird, und zwar durch Reduzierung des Betriebskostenzuschusses um 170 Tsd. EUR jährlich (p.a.).

Außerdem wird damit auf "elegante" Weise eine Umverteilung zwischen Vermögens- und Verwaltungshaushalt vorgenommen, die auf direktem Wege nicht möglich wäre.

Buchhalterisch unmöglich und daher bilanzieller Humbug stellt die Vorgabe dar, angeblich "Kapitalrücklagen" zu bilden. Die Investition in eine Verlustgesellschaft als "wundersame Geldvermehrung" darzustellen ist bestenfalls eine "Erfolgsformel" der FMG. Solidität ist hier jedoch nicht zu erkennen. Es geht in dem vorliegendem Fall einzig und allein darum, Schulden der FMG in öffentliche Schulden umzuwandeln.

Der zu hoch angesetzte finanzielle Bedarf für [eventuell gar nicht notwendige] Grundstücksankäufe durch die FMG wird fälschlicher Weise als Einsparung angepriesen. Beim Steuerzahler soll anscheinend der Eindruck erweckt werden, die Flughafen GmbH und die Stadt Magdeburg gingen sparsam mit Steuermitteln um.

Statt dessen sind die Verantwortlichen dafür haftbar zu machen! Wer zunächst exorbitant hohe Summen für den Flächenankauf vorgibt, um diese dann bei Reduzierung auf ein realistisches Maß als "Einsparung" darzustellen, dem ist der Versuch einer soliden Finanzierung, auch weiterer Vorhaben, abzusprechen. Wenn Gelder in Größenordnungen aufgrund einer Fehlkalkulation nicht benötigt werden, sind sie dem Stadthaushalt zurückzuführen. Statt dessen verlangt die Flughafen GmbH, die Stadträte zu überzeugen, dass "die FMG mit dem Rest machen kann, was sie will"!

Wenn es Schule macht, dass die Ablösung eines Kredits durch die Aufnahme von neuen Krediten als "Investition" angesehen wird, dann müsste sich dieser Logik zufolge die Stadt Magdeburg in der Spitzengruppe der am meisten investierenden deutschen Städte befinden und viele weitere Entschuldungs"investitionen" nach dem Beispiel der FMG nach sich ziehen.

Was passiert eigentlich mit den "Investitionen", falls der Flugplatz Magdeburg gar nicht ausgebaut wird und die Gelder für die Grundstücksankäufe nicht an die FMG ausgereicht würden? Sind diese neuen Schulden dann etwa immer noch "Investitionen"? Oder soll man der Stadt unterstellen, dass sie alles versucht, Schulden als Investitionen zu verkaufen, um dann noch mehr Schulden aufnehmen zu können, damit ein "korrekter" Haushaltsentwurf vorgelegt werden kann ("Neuverschuldung nicht höher als Investitionen")?

Selbst Herr Bromberg, bis vor kurzem Mitglied im Aufsichtsrat der Flughafen GmbH, gab zu, dass es sich um einen Taschenspielertrick handele. Eigenartig ist aber seine Schlussfolgerung daraus, diesen Taschenspielertrick "einfach anzuwenden", weil die Stadt nach seiner Meinung unter Zeitdruck steht.

Die Flughafen GmbH weiß schon seit Jahren, dass eine Ablösung des Kredits im Oktober dieses Jahres ansteht. Trotzdem versucht sie die Stadträte zu erpressen, indem sie ihnen vorgaukelt, "man habe keine Zeit und müsse jetzt schnell handeln"! Wer hat hier jahrelang die Stadträte an der Nase herumgeführt?

Wir möchten Sie eindringlich darum bitten, in der Stadtratssitzung diesen Antrag abzulehnen und zunächst diesen Beschlussentwurf auf die rechtliche und haushaltstechnische Korrektheit hin sowie über die möglichen Folgen dieser "Entschuldung" prüfen zu lassen.

Lassen Sie sich also nicht von der Dreistigkeit der FMG und ihrer Lobbyisten erpressen! Wir sind uns sicher, dass auch Sie an einem korrekten Finanzgebaren unserer Stadt interessiert sind. Verhindern Sie bitte, dass aufgrund Misswirtschaft einer städtischen Gesellschaft nicht ständig gutes Geld des Steuerzahlers hinterher geworfen wird. Lassen Sie sich erklären, warum die FMG, wie diese immer behauptet, nicht in der Lage ist, sich selbst aus ihren Einnahmen zu finanzieren und Kredite zurückzuzahlen!

 

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Richter, Vorsitzender

 

Magdeburg, 31.08.2003

 

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