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Zusammen-
fassung
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|
Immer wieder
wird in der Luftfahrt versucht, Ausbaupläne mit dem Schaffen von
Arbeitsplätzen zu begründen. Am wichtigsten sind jedoch dann die
aufgeführten wirtschaftlichen Erfolge, die damit erzielt werden können.
Dass dem nicht immer so ist, beweist der folgende Beitrag: Es werden die
stark angepriesenen Beschäftigungs- und Wirtschafteffekte einer genaueren
Betrachtung unterzogen mit dem Ergebnis, dass alles nur so sehr
geschönt wird, bis es glaubwürdig erscheint. Allerdings darf man nicht
hinter die Kulissen schauen...
Doch lesen
Sie selbst!
Stellungnahme
zur wissenschaftlichen Methodik der im Rahmen des Mediationsverfahrens
erstatteten Gutachten zu den Beschäftigungswirkungen
eines Ausbaus des Flughafens Frankfurt
von
Prof.
Dr. Michael von Hauff
Prof.
Dr. Jens Horbach
im
Auftrag
des
Magistrates der Stadt Hofheim
Stuttgart/Buch am Forst, Mai
2000
Gliederung
1.
Einleitung
Im
März 2000 erhielten Prof. Dr. Michael von Hauff und Prof. Dr. Jens Horbach
von dem Magistrat der Stadt Hofheim den Auftrag, für die im Rahmen des
Mediationsverfahrens erstellten Gutachten zu den Beschäftigungswirkungen
eines Ausbaus des Flughafens Frankfurt hinsichtlich der dort angewandten
Methodik eine Stellungnahme vorzunehmen. Im Rahmen dieser Stellungnahme
geht es also darum, die Gutachten kritisch zu prüfen und zu beurteilen.
Diese Stellungnahme beschränkt sich auf folgende Gutachten:
-
Einkommens- und Beschäftigungseffekte des Flughafens Frankfurt/Main -
Status-Quo-Analysen und Prognosen
Erstellt: Arbeitsgemeinschaft Bulwien und Partner GmbH, Universität Frankfurt
(Institut für Statistik und Ökonometrie), Technische Universität Darmstadt
(Fachgebiet Finanz- und Wirtschaftspolitik
- Einkommens- und Beschäftigungseffekte des Flughafens Frankfurt/Main
-
Status-Quo-Analysen und Szenarien -
Teil B: Erhebung und Bestimmung der direkten Effekte mittels Arbeitsstättenbefragung
Erstellt: siehe oben
- Einkommens- und Beschäftigungseffekte des Flughafens Frankfurt/Main
- Status-Quo-Analysen und Szenarien -
Teil C: Analyse der Einkommens- und Beschäftigungswirkungen des Flughafens
Frankfurt/Main mit Hilfe von Input-Output Modellen für die Bundesrepublik
Deutschland und Hessen.
Erstellt: siehe oben
- Bedeutung des Flughafens Frankfurt/Main als Standortfaktor für die regionale
Wirtschaft - Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte der Flughafenanbindung
–
Erstellt: Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln
Die
Stellungnahme konzentriert sich primär auf die Methoden und die Anwendung
der Methoden und die daraus gewonnenen Ergebnisse im engeren Sinne. Daraus
leiten sich qualitative Schlussfolgerungen ab, ob die Gutachten sich für
einen gesicherten Entscheidungsprozess hinsichtlich des geplanten Ausbaus
des Frankfurter Flughafens eignen. Entsprechend wendet sich das zweite
Kapitel dem Gutachten des Instituts für Verkehrswissenschaft/Universität
Köln zu. Das Kapitel drei befaßt sich mit dem dreibändigen Gutachten der
Arbeitsgemeinschaft Bulwien und Partner GmbH u.a.. Es wurde jedoch mit
dem Auftraggeber dieser Stellungnahme vereinbart, dass auch die Umwelteffekte,
die in diesen Gutachten weitgehend vernachlässigt werden, in die Stellungnahme
mit einbezogen werden, da sie für die Standortqualität von hoher Relevanz
sind und zumindest als "weicher Standortfaktor" auch für den
Arbeitsmarkt bedeutend sind. Dieser Aspekt wird in Kapitel vier behandelt.
In Kapitel fünf erfolgt eine abschließende Beurteilung.
Die
Stellungnahme kann somit nicht als Gegengutachten zu den aufgeführten
Gutachten verstanden oder eingeordnet werden. Die Stellungnahme enthält
keine neuen Erhebungen oder Alternativberechnungen bzw. alternative Konzepte
zu den verschiedenen Varianten der geplanten Erweiterung des Frankfurter
Flughafens. Sie beschränkt sich auf qualitative Aussagen bzw. Empfehlungen
hinsichtlich der in den Gutachten aufgezeigten Ergebnisse.
2.
Stellungnahme
zum Gutachten „Bedeutung des Flughafens Frankfurt/Main als Standortfaktor
für die regionale Wirtschaft“
2.1
Zielstellung des Gutachtens und Vorgehensweise
Das
Gutachten vom Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu
Köln versucht nachzuweisen, dass aus der Erweiterung des Flughafens Frankfurt
eine Verbesserung der Standortqualität der Region resultiert, was wiederum
zu „Produktivitätssteigerungen, Kostensenkungen, besseren Absatzmöglichkeiten
und in Wertschöpfungseffekten für die Region aus der Standortentscheidung
der Unternehmen“ führen soll (Kurzfassung S. 2). Aus verbesserten Produktions-
und Absatzbedingungen für die Wirtschaft der Region entstehe „... die
eigentliche Rechtfertigung für den Flughafen“ (Kurzfassung S. 2).
Die
Hauptdatenbasis für das Gutachten basiert auf einer schriftlichen Befragung
von 7028 Unternehmen im Einzugsbereich des Flughafens. Diese Daten wurden
durch die amtliche Statistik sowie Expertengespräche ergänzt. Neben der
deskriptiven Auswertung der Befragung wurde ein Modell „wirtschaftliche
Effekte“ zur Darstellung der quantitativen Zusammenhänge zwischen Unternehmensaktivitäten
und den Standorteffekten für die Region entwickelt.
Auf
der Basis dieses Modells haben die Gutachter Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte
für drei Szenarien berechnet. Das Szenario A (engpaßfreier Ausbau des
Flughafens) diente als Basisszenario, damit wurden die beiden anderen
Szenarien B (Verlust der HUB-Funktion des Frankfurter Flughafens) und
Szenario C (Einschränkung des Frachtverkehrs) verglichen.
2.2
Beurteilung der einzelnen Bausteine des Gutachtens
Erhebung
und Aufbereitung der Datengrundlage
Eine
schriftliche Unternehmensbefragung bildete die Hauptdatenbasis des Gutachtens.
Zum Erfolg der Befragung bemerken die Autoren (S. 46): „Von den 7.028
versendeten Fragebögen wurden etwa 10% zurückgeschickt. Davon waren 658
Fragebögen auswertbar. Durch die Nachfaßaktion wurde der Rücklauf auf
906 Fragebögen erhöht. Davon waren 53 nicht auswertbar. Somit liegt die
Rücklaufquote (auswertbare Bögen) bei 12,1%“.
Diese
Antwortquote ist im Vergleich zu anderen Unternehmensbefragungen sehr
gering. So betrug der entsprechende Wert im Betriebspanel (Erstbefragung)
des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) über 70%. Erhebliche
Probleme ergeben sich hieraus vor allem dann, wenn die nicht antwortenden
Unternehmen zu deutlich abweichenden Ergebnissen gekommen wären (sogenannter
non-response-error). Eine niedrige Antwortquote erfordert daher umso mehr
eine Analyse der Situation der nicht antwortenden Unternehmen. Dies haben
die Gutachter über eine telefonische Nachfaßaktion zu erreichen versucht,
indem vor allem Unternehmen der bis dahin unterrepräsentierten Branchen
bzw. Regionen erneut befragt wurden. Unterschieden wurde darüber hinaus
auch nach der Betroffenheit der Unternehmen durch den Flughafen. Diese
Maßnahmen zur Verringerung des non-response-errors waren auf jeden Fall
notwendig und sinnvoll. Angesichts der sehr geringen Rücklaufquote in
Verbindung mit der Tatsache, dass vor allem in positiver Weise von einem
Flughafenausbau betroffene Unternehmen einen hohen Anreiz haben zu antworten,
müssen die Ergebnisse der Befragung dennoch sehr vorsichtig interpretiert
werden.
Beurteilung
des Fragebogens
Der
Fragebogen weist deutlich erkennbare Schwächen auf, die im folgenden stichpunktartig
erläutert werden sollen:
-
Bei der Frage nach den einzelnen Standortfaktoren wurde auf die Nennung
weicher Standortfaktoren wie der Umweltqualität verzichtet (lediglich
Freizeitwert, d. h. Kultur und Erholung wurde genannt). Gerade dieser
Standortfaktor wäre aber in bezug auf mögliche negative Standorteffekte
des Flughafenausbaus relevant gewesen. So weisen viele regionalökonomische
Studien (vgl. z.B. Horbach/Junkernheinrich (1994), S. 116/117) und sogar
die Gutachter selbst (S. 94) darauf hin, dass derartige weiche Standortfaktoren
zunehmend wichtiger werden, etwa um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen.
Dies ist vor allem auch für andere Branchen in der Region Frankfurt wie
dem Kreditgewerbe oder der Informationstechnologie, die in besonderer
Weise von qualifizierten Mitarbeitern abhängig sind, von hoher Bedeutung.
So kann die Situation eintreten, dass diese Unternehmen aufgrund einer
Verschlechterung der weichen Standortfaktoren gezwungen sind, eher in
anderen Regionen zu investieren. Eine bessere Berücksichtigung der weichen
Standortfaktoren im Rahmen der Erhebung wäre also durchaus sinnvoll und
notwendig gewesen.
-
Es wird nach der prozentualen Veränderung des Umsatzes und der Mitarbeiterzahl
von 1998 bis zum Jahre 2015 gefragt: Es ist anzunehmen, dass diese Angaben
aufgrund des sehr langen Zeitraums nur sehr grob und ungenau sein können.
Der jeweils befragte Mitarbeiter eines Unternehmens dürfte kaum in der
Lage gewesen sein, angesichts vieler Unwägbarkeiten und Änderungen von
Rahmenbedingungen in der Zukunft derartig exakte Angaben zu machen.
·
- Im Falle des
Verlustes der HUB-Funktion des Frankfurter Flughafens: Die hier gestellte
Frage nach (Teil-) Standortverlagerungen ist noch zu vertreten, wobei
gerade diejenigen Unternehmen, die in hohem Maße vom Frankfurter Flughafen
wirtschaftlich abhängig sind, einen hohen Anreiz haben, Standortverlagerungen
anzugeben. Ob angesichts hoher sunk costs tatsächlich auch eine Standortverlagerung
durchgeführt wird, ist dann allerdings eher fraglich. Wichtiger wäre an
dieser Stelle eine Frage gewesen, an welchem Standort in Zukunft investiert
werden soll, was nicht damit verbunden sein muß, dass der bisherige Standort
aufgegeben wird. Mit sehr großen Ungenauigkeiten ist die anschließende
Frage nach der Anzahl der Mitarbeiter verbunden, die - genau nach Einzelbereichen
aufgeschlüsselt - von den Standortverlagerungen betroffen sein würden
(vgl. auch weiter oben).
Deskriptive
Auswertung der Stichprobenergebnisse
Ein
entscheidendes Problem des Gutachtens besteht darin, dass aus möglichen
Standortverlagerungen, die aus einer Befragung ermittelt wurden, konkrete,
in genaue Zahlen gefaßte Verluste an Beschäftigten abgeleitet wurden.
Vor allem angesichts des sehr langen Beobachtungszeitraums bis zum Jahr
2015 in Verbindung mit der sehr geringen Rücklaufquote bei der Befragung,
erscheint diese Vorgehensweise als ungeeignet. So bekennen die Autoren
zunächst selbst: „Allerdings stellt dieser langfristige Erwartungshorizont
hohe Anforderungen an die Vorstellungskraft der befragten Unternehmen.
Sie müssen abschätzen, wie sich Märkte und Lieferbeziehungen entwickeln,
welche Produktions- und Vertriebsverfahren verfügbar sein werden, welche
alternativen Verkehrsträger in Betracht kommen könnten u.a.m. Die Antworten
dürfen entsprechend nur als orientierende Abschätzung und nicht als exakte
Daten gesehen werden.“ (S. 4).
Im Anschluß daran werden jedoch diese Daten verwendet, um - im Rahmen
eines Modells „wirtschaftliche Effekte“ - genaue, quantitative Angaben
zu Beschäftigungs- und Wertschöpfungswirkungen zu machen. Es ist auch
fraglich, ob die befragten Unternehmen in der Lage waren, künftige Rationalisierungspotentiale
in ihren Antworten zu berücksichtigen – ein Aspekt, der gerade angesichts
hoher Produktivitätssteigerungen in der Vergangenheit für die Unternehmen
des Flughafens Frankfurt eine große Rolle gespielt hat.
Die Auswertung der Frage nach den einzelnen Standortfaktoren zeigt, dass
die „Verkehrsanbindung durch den Flughafen Frankfurt“ im Durchschnitt
aller befragten Unternehmen an siebter Stelle der erhobenen Standortfaktoren
liegt und damit eher eine untergeordnete Rolle spielt. So ergibt sich
nach der Befragung als wichtigster Standortfaktor die „Verkehrsanbindung
durch die Straße“, danach folgen in dieser Reihenfolge: „Nähe zum Absatzmarkt“,
„Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte“, „Arbeitskosten“, „örtliche
Steuern und Abgaben“ sowie „Dienstleistungsangebote“.
Neben der Wichtigkeit der einzelnen Standortfaktoren ist die Auswertung
der Frage nach der Beurteilung der eigenen Standortbedingungen durch die
befragten Unternehmen interessant (S. 110):
„Die vorzufindenden Bedingungen werden von den befragten Unternehmen besonders
kritisch gesehen, wenn Bedeutung des Standortfaktors und Beurteilung des
eigenen Standortes erheblich auseinanderfallen. Dies gilt insbesondere
für die Höhe der örtlichen Steuern und Abgaben, die Arbeitskosten, die
Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, die Umweltauflagen sowie die
Verkehrsanbindung durch die Wasserstraßen. Dies deutet z.B. auf relativ
hohe Arbeitskosten und Belastungen durch örtliche Steuern und Abgaben
hin. Die Ausgestaltung dieser Faktoren wird demnach ihrer Standortbedeutsamkeit
aus Sicht der Unternehmen nicht gerecht. Die Standortbedingungen sind
in diesen Fällen verbesserungswürdig. Im Gegensatz hierzu entspricht die
Beurteilung der Luftverkehrsanbindung der Bedeutung dieses Standortfaktors.“
Offenbar
scheint für die befragten Unternehmen gerade bei diesem für das Gutachten
kritischen Standortfaktor zumindest zur Zeit kein Engpaß zu bestehen.
Verdrängungseffekte
auf dem Arbeitsmarkt
In
einem weiteren Abschnitt gehen die Autoren des Gutachtens der Frage nach,
„... ob die Unternehmen, die durch die Qualität der Luftverkehrsanbindung
begünstigt werden, einen Verdrängungseffekt zu Lasten der Unternehmen,
die keine Vorteile durch die Luftverkehrsanbindung haben, verursachen“
(S. 122).
Die Messung derartiger Verdrängungseffekte erfolgt allein auf der Basis
der Analyse der offenen Stellen bei luftverkehrsaffinen und nicht-luftverkehrsaffinen
Unternehmen: „Die Nullhypothese „Von der Luftverkehrsanbindung gehen keine
Verdrängungseffekte aus“ wird dann verworfen, wenn sich bei begünstigten
Unternehmen eine relativ geringere Anzahl offener Stellen beobachten läßt,
als bei den nicht begünstigten Unternehmen“ (S. 124). Diese Vorgehensweise
ist allerdings kaum geeignet, um mögliche Verdrängungseffekte nachzuweisen.
So werden Struktureffekte nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt:
Der Vergleich der Anzahl offener
Stellen sagt noch nichts darüber aus, ob die flughafenaffinen mit den
nicht-flughafenaffinen Unternehmen in bezug auf die Arbeitskräfte konkurrieren.
So kann es sein, dass die Unternehmen der ersten Gruppe Fluglotsen benötigen
und die zweite Gruppe dagegen Computerspezialisten. Auch die von den Autoren
des Gutachtens durchgeführte grobe Differenzierung nach Branchen hilft
hier kaum weiter.
Darüber hinaus wird nicht beachtet, dass auch die Möglichkeit besteht,
dass Arbeitskräfte aus anderen Regionen in die Region Frankfurt wandern
könnten.
Viel wichtiger wäre dagegen die Berücksichtigung von Verdrängungseffekten
gewesen, die aus der Verschlechterung der weichen Standortfaktoren wie
der Umweltqualität resultieren können. Die Diskussion derartiger Effekte
erfolgt in Abschnitt 4 dieser Stellungnahme.
Das
Modell „wirtschaftliche Effekte“
Das
Modell „wirtschaftliche Effekte“ basiert auf den Wirkungen von Kostensteigerungen,
Umsatzausfällen und (Teil-) Standortverlagerungen. Die Ausgangsdaten werden
der amtlichen Statistik, der schriftlichen Erhebung und den Expertengesprächen
entnommen.
Wie schon weiter oben ausgeführt, ist die Datenbasis zur Ermittlung von
quantitativen Ergebnissen nicht adäquat, da die Angaben etwa zu Standortverlagerungen
aufgrund unvollkommener Information der Unternehmen nicht exakt sein können
und lediglich qualitative Aussagen zulassen.
Darüber hinaus weist das Modell „wirtschaftliche Effekte“ teilweise unrealistische
Annahmen auf:
- Die Autoren
behaupten, dass durch das erhöhte Kapitalangebot aufgrund von Standortverlagerungen
der Zins sinken soll (S. 140). Es ist jedoch völlig unrealistisch, dass
es zu Zinsänderungen aufgrund von Kapitalangebotsänderungen in einem derart
kleinen Gebiet wie dem Umland des Flughafens Frankfurt kommen wird.
-
Umgang mit dem Faktor Kapital: Die Autoren betrachten beispielsweise den
folgenden Fall (S. 167): „Der Kapitalbedarf ist größer als das vorhandene
Kapitalpotential. Das bedeutet, dass das durch die Produktionsausfälle
bei den betroffenen Unternehmen freigesetzte Kapital nicht reicht, um
die von der Standortverlagerung betroffenen Mitarbeiter in einer alternativen
Verwendung vollständig zu beschäftigen.“ Hieraus folgern die Autoren sofort,
dass sich dadurch der Verlust an Arbeitsplätzen erhöht. Mit ihrem Begriff
des vorhandenen Kapitalpotentials gehen die Verfasser von einer statischen
Sichtweise aus und berücksichtigen etwa nicht die Möglichkeit, dass durch
eine Steigerung der Investitionstätigkeit ein zusätzlicher Kapitalstock
und damit Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Insgesamt bleibt der
im Gutachten verwendete Kapitalbegriff diffus und unklar. Welche Art von
Kapital (z.B. Grundstücke, Maschinen oder Geldkapital) bei „Produktionsausfällen“
freigesetzt wird, ist nicht erkennbar. Erst nach einer genauen Analyse
der Zusammensetzung dieses „Kapitals“ könnte man darüber urteilen, welche
Beschäftigungseffekte zu beobachten wären.
-
Die Autoren nehmen an, dass Kostensteigerungen automatisch in Preiserhöhungen
weitergegeben werden. Anschließend werden gesamtwirtschaftliche Preiselastizitäten
aus der Literatur verwendet, um die daraus resultierenden Produktionsausfälle
zu berechnen. Es könnte für ein Unternehmen allerdings auch sinnvoll sein,
die Kostensteigerungen bei sehr elastischer Nachfrage anders zu kompensieren
– etwa durch Produktivitätssteigerungen, ansonsten würde das Unternehmen
ja unter Umständen vom Markt verschwinden (S. 143). Gerade im Hinblick
auf die Unternehmen des Flughafens Frankfurt konnte man in den neunziger
Jahren beobachten, dass Produktivitätspotenziale genutzt wurden: Das Passagier-
und Frachtaufkommen wuchs deutlich stärker als die Beschäftigung (vgl.
Bericht der Mediationsgruppe, S. 75). Die Gutachter haben zwar versucht,
„Auffangpotenziale“ von Kostensteigerungen zu berechnen. Dabei geben sie
exakte Zahlen an (beispielsweise ein Kompensationspotenzial von 12 % bei
einer Funktionseinschränkung im Passagierverkehr, S. 82). Auf der Basis
des im Anhang des Gutachtens abgedruckten Fragebogens ist eine derartige
Berechnung jedoch methodisch nicht vertretbar, da in Frage 5b) lediglich
nach Intervallen (z. B. „um 50 % bis 80 %“, „um 80 % bis 100 %“) gefragt
wird.
- Auf Seite 162 konstatieren die Autoren: „Mit der Verwendung der 97er
Arbeitslosenquoten wird unterstellt, dass diese auf das Jahr 2015 übertragbar
sind“. Die Arbeitslosenquoten von 1997 werden offenbar bedenkenlos auf
das Jahr 2015 übertragen. Dabei wird überhaupt nicht berücksichtigt, dass
sich beispielsweise das Arbeitsangebot aufgrund demographischer Ursachen
bis zum Jahr 2015 stark ändern kann. Es ist auch durchaus denkbar, dass
bei qualifizierten Beschäftigten im Jahr 2015 sogar ein Arbeitskräftemangel
bestehen kann.
Ergänzende
Expertenbefragung
Das
Gutachten wird in Kapitel 6 durch eine Expertenbefragung ergänzt, die
u.a. Fallstudien zur Betroffenheit einzelner Unternehmen durch den Flughafenausbau
beinhaltet.
Ein wichtiges Ergebnis verdeutlicht, dass bei einer Funktionseinschränkung
im Passagierverkehr durchaus Verlagerungspotenziale bestehen. Als Ausweichflughäfen
werden z.B. Mannheim, Straßburg oder Saarbrücken genannt, außerdem würde
nach Aussagen der Unternehmen die Bahn stärker genutzt werden (S. 222),
was vor dem Hintergrund der Umweltproblematik ja durchaus eine positiv
zu bewertende Reaktion darstellt.
Mit Umsatzausfällen aufgrund einer verschlechterten Luftverkehrsanbindung
rechnet die Mehrheit der befragten Unternehmen jedoch nicht, dagegen mit
Kostensteigerungen (S. 223).
Auch im Rahmen der Expertenbefragung wurden offenbar weiche Standortfaktoren
wie die Wohnumfeld- oder die Umweltqualität nicht berücksichtigt.
2.3
Gesamtbeurteilung
Die
Datenbasis muß als unsicher bezeichnet werden, da einerseits die Rücklaufquote
bei der Unternehmensbefragung mit 12 % niedrig war.1
Außerdem war die Frage nach Standortverlagerungen nach einzelnen Szenarien
mit den damit verbundenen Mitarbeiterzahlen in bezug auf den sehr langen
Zeitraum bis 2015 zu komplex. Diese Ausgangsdaten sind damit für eine
exakte Prognose- und Szenarienbildung unzureichend. Sie sind allenfalls
in der Lage, qualitative Aussagen zuzulassen.
Das Modell „wirtschaftliche Effekte“ weist – wie in Abschnitt 2.2 dargestellt
- teilweise unrealistische Annahmen auf und berücksichtigt viele relevante
Effekte, wie etwa die Änderung des Arbeitsangebots bis 2015, nicht.
Die Autoren vernachlässigen den sehr wichtigen Aspekt der wirtschaftlichen
Effekte zusätzlicher Umweltbeeinträchtigungen aufgrund eines Ausbaus des
Flughafens. Sie geben lediglich den folgenden Hinweis (S. 7): „Die theoretische
Sicht hätte es nahe gelegt, daß den Vorteilen der Luftverkehrsanbindung
auch die Wertschöpfungs- und Beschäftigungskontraktionen aus den externen
Kosten des Luftverkehrs (Lärm, Schadstoffemissionen) gegenübergestellt
worden wären. Der Arbeitskreis Ökonomie der Mediationsgruppe hat sich
jedoch für eine Bruttorechnung der wirtschaftlichen Vorteile entschieden.“
Auf
der Basis des vorliegenden Gutachtens können die Standorteffekte eines
Flughafenausbaus nicht in zuverlässiger Weise quantifiziert werden. Darüber
hinaus wurden wichtige Standortfaktoren wie die Umweltqualität in der
Flughafenregion nicht berücksichtigt.
Sie
können Ihre Meinungen Fragen und Hinweise, hier als
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