FLUGPLATZ UND WIDERSPRÜCHE

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Zusammenfassung

Die vorliegenden Studien zu lärmbedingten Aufwachreaktionen, Schlafstörungen und zur lärmbedingt erhöhten Kortisolfreisetzung zeigen, dass nächtliche Maximalpegel aus präventivmedizinischer Sicht begrenzt werden müssen. Der Beginn von lärmbedingten Aufwachreaktionen ist für Fluglärm (intermittierende Geräusche) bei Maximalpegeln im Bereich von LAmax = 45 –55 dB(A) anzusiedeln (...). Analysen der Schlafstruktur zeigen, dass Störungen des Schlafes bei verkehrslärmbedingten Maximalpegeln (intermittierende Geräusche) oberhalb von LAmax = 45 dB(A) zu verzeichnen sind (...). Untersuchungen über nächtliche Kortisolausschüttungen ist zu entnehmen, dass Maximalpegel von LAmax = 55 dB(A) unterschritten werden müssen, um erhöhte Ausscheidungen zu vermeiden (...).

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass im Rahmen des Mediationsverfahrens „Ausbau Flughafen Frankfurt/Main“ von den anwesenden Experten (Bullinger, Griefahn, Hecht, Kastka, Maschke, Spreng) übereinstimmend ein nächtlicher Maximalpegel von 52-53 dB(A) als Beginn für vegetative Beeinträchtigungen angesehen wurde (vgl. Arbeitskreis „Ökologie, Gesundheit und Soziales“ im Mediationsverfahren Flughafen Frankfurt/Main 1999], S. 9).

Für nächtlichen Fluglärm ist in Anlehnung an den Gutachter ein „Übersteuerungskriterium“ von 3-6 x 52 dB(A) am Ohr des Schläfers zu fordern. 

Gleichzeitig muss mit dem äquivalenten Dauerschallpegel die Anzahl von solchen Schallereignissen begrenzt werden, deren Maximalpegel als zumutbar anzusehen sind („Überlastung“). Ein solches Doppelkriterium sieht auch der Gutachter vor, doch ist der von ihm vorgeschlagene Immissionsrichtwert von LAeq3,außen = 55 dB(A) zu hoch. 

Die vorliegenden Untersuchungen über lärmbedingte Schlafstörungen lassen erkennen, dass in der Nacht ein äquivalenter Dauerschallpegel von LAeq3 = 32 dB(A) am Ohr des Schläfers als Grenze der „Überlastung“ anzusehen ist. 

Wird für die Schalldämmung eines gekippten Fensters 15 dB(A) zugrundegelegt, so ergibt sich ein äquivalenter Dauerschallpegel für den Außenraum von LAeq3,außen = 47 dB(A). 

Kenngrößen zur Kennzeichnung der Belästigung 

Die alleinige Angabe eines Dauerschallpegels ist zum Schutz vor erheblicher Belästigung nicht ausreichend. 

Psycholinguistische und psychoakustische Untersuchungen zur Belästigung 

Dieses psycholinguistische Verhältnis von 1:2 verrechnet der Gutachter nun mit psychoakustischen Erkenntnissen zur Lautstärkewahrnehmung. Er überführt das psycholinguistische Verhältnis zur erheblichen Belästigung in einen Lautstärkepegel und setzt den Lautstärkepegel mit dem A-bewerteten Pegel gleich. 

Dieses Vorgehen enthält mehrere Irrtümer (...). Als erstes kann das psycholinguistische Verhältnis von 1:2 nur auf „Belästigungsfunktionen“ und nicht auf „Lautstärkefunktionen übertragen werden. 

Der weitere Irrtum ist die Gleichsetzung des Pegels eines 1 kHz Tones (in dB) bzw. des Lautstärkepegelsphon mit einem A-bewerteten Schalldruckpegel (in dB(A)). Die undifferenzierte Gleichsetzung verbietet sich aus psychoakustischer Sicht (...) und wird in der Praxis lediglich zur groben Abschätzung von Pegelbereichen eingesetzt. 

Die Behauptung des Gutachters, dass für Fluglärm die erhebliche Belästigung 10 dB(A) über dem Schwellenwert für Belästigung liegt, ist nicht durch psychoakustische Erkenntnisse gedeckt. 

Epidemiologische Studien zur Belästigung durch Fluglärm 

Die nach 1980 publizierten Studien zeigen, dass für Fluglärm die erhebliche Belästigung im Mittel ca. 6 dB(A) über dem nominalen Schwellenwert für Belästigung (15 % highly annoyed) liegt. 

Die statistische Auswertung der nach 1980 publizierten Studien zeigt, dass für Fluglärm die nominale Schwelle der Belästigung bei ca. 53 dB(A) liegt, der Beginn der erheblichen Belästigung bei ca. 59 dB(A). 

Ziehen wir zum Vergleich die Ergebnisse der Meta-Analyse von Miedema Miedema 1993 heran, so ist für Fluglärm ein äquivalenter Dauerschallpegel LAeq3 von 59-60 dB(A) als Beginn der erheblichen Belästigung (25 % highly annoyed) anzusehen. 

Es ist daher präventivmedizinisch geboten, den Prozentsatz für erhebliche Belästigung nicht höher als bei 25 % stark belästigter Bürger festzulegen. 

Die Aussage des Gutachters, dass aus Gründen der Prävention der Planungsrichtwert LAeq4 = 62 dB(A), wie er in Ergänzung zu den Richtwerten des Fluglärmgesetzes in der Praxis zur Anwendung kommt, als sinnvoll anzusehen ist, kann durch Studien zur Belästigung durch Fluglärm nicht belegt werden. 

Zur Vermeidung von erheblicher Belästigung sind nach heutigem Kenntnisstand Maximalpegel von LAmax,außen = 83 dB(A) zu vermeiden. 

Kranke

Der formal richtige Wert von Lmax = 34 dB(A) am Ohr der Betroffenen ist aus präventivmedizinischer Sicht zu begrüßen, der inhaltlichen Begründung des Gutachters kann nur schwer gefolgt werden. Bei nächtlichem Fluglärm sollte aus unserer Sicht ein Immissionsgrenzwert auch bei Kranken auf den Schutz des Schlafes abgestellt werden (...). Stattdessen wird vom Gutachter ein wacher Schwerstkranker betrachtet und ein nächtlicher Übersteuerungspegel von 87 dB(A) zum Ausgangspunkt seiner Argumentation. Der Gutachter macht sich nicht einmal die Mühe, das Umfeld, in dem sich ein Schwerstkranker befindet, in seine Überlegungen einzubeziehen (Intensivstation). Eine Definition von Mittel-, Schwer- und Schwerstkranken wird nicht geliefert. 

Des weiteren ist die vom Gutachter angesetzte hohe Sicherheitsmarge von 10 dB(A) inhaltlich nicht begründet und in Frage zu stellen. Sicherheitsmargen bewegen sich üblicherweise im Bereich zwischen 3-5 dB(A) (vgl. BverwG 1991. 

Die Art der Herleitung des Übersteuerungswertes für Kranke läßt den Verdacht aufkommen, dass allein der Wunsch, den Immissionsgrenzwert von Berglund und Lindvall zu erreichen, die Motivation für seine Berechnungen war.

Dafür spricht die vom Gutachter getroffene Feststellung, dass der von ihm errechnete Wert „im Einklang mit den von Berglund und Lindvall (1995) für die WHO vorgeschlagenen Richtwerten“ steht (M8, S. 34). Führen wir diese Aussage weiter, so legt der Gutachter nahe, dass die Werte von Berglund und Lindvall Berglund 1995 (nur) für (Schwerst-)Kranke gelten. 

Kinder

Die Ausführungen des Gutachters zeigen, dass er sich auch mit diesem Problem nicht umfassend auseinandersetzt.  

Auch für die Gruppenräume von Kindertagesstätten sind Immissionsrichtwerte für Störgeräusche von außen zur Gewährleistung einer ungestörten Kommunikation einzuhalten. 

Hecht et al. [Hecht 1999] fordern deshalb für Kindertagesstätten einen Innenpegel von LAeq3 = 35 dB(A) (...). 

Schulen 

Für Schulen ist ein über die Aufenthaltsdauer ermittelter Dauerschallpegel von LAeq,innen = 35 dB(A) einzuhalten. 

Wird für ein gekipptes Fenster ein mittleres Schalldämmmaß von 15 dB zugrundegelegt [VDI 2719] ergeben sich maximale Außenpegel von LAmax,außen = 57 dB(A). Wird für ein einfaches geschlossenes Fenster ein mittleres Schalldämmmaß von 24 dB zugrundegelegt [VDI 2719] ergeben sich maximale Außenpegel von LAmax,außen = 66 dB(A). 

Die vom Gutachter angegebenen Maximalpegel von LAmax,außen = 70 dB(A) (gekipptes Fenster) und  LAmax,außen = 80 dB(A) (geschlossenes Fenster) stimmen nicht mit seiner Begründung der Schutzziele überein (M8, S. 38/39).  

Münchener Fluglärmstudie 

Die Münchener Fluglärmstudie belegt eine habituiert erhöhte Katecholaminausscheidung bei Kindern durch Fluglärm. 

Alte Menschen

Den alten Menschen wird im Gegensatz zu den Kindern in den Gutachten M8 und M9 nur geringe Bedeutung beigemessen. Obwohl eine intensive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen von Lärm auf Kinder (kindliche Konditionierung, Lernen) zu begrüßen ist, dürfen die speziellen Erfordernisse von alten Menschen nicht übergangen werden. Der Ansatz des Gutachters ist in Anbetracht demografischer Prognosen, nach denen die Zahl der älteren Menschen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erheblich zunehmen wird, unverständlich. 

Lärm als Störfaktor bei zirkadianen Regulationsvorgängen unter besonderer Berücksichtigung der Zeitscheibenproblematik 

Die wenigen Beispiele zur Chronobiologie zeigen, dass der Gutachter mit seinen Aussagen die wissenschaftliche Sorgfaltspflicht verletzt. 

Dem Gutachter geht es offensichtlich darum, am Dogma der groben Klassifikation in Tag und Nacht bei der Bestimmung von Immissionsgrenzwerten festzuhalten, obgleich neben Hecht und Maschke [Maschke 1996; Hecht 1999] andere Autoren und Institutionen (z.B. [SVRU 1999, Abs. 467; Mediationsbericht 2000]) diesbezüglich für mehr Zeitbereiche plädieren. 

Die Nichtbeachtung der zirkaseptanen Rhytmen (Wochenende) stellt eine Verletzung der wissenschaftlichen Sorgfaltspflicht dar. 

 

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