FLUGPLATZ UND WIDERSPRÜCHE | ||
Stadtratssitzung am 16.08.01 Am Donnerstag, dem 16.08.01, fand in der Stadtratssitzung u.a. die Diskussion zum Wirtschaftlichkeitsgutachten der WIBERA statt. (siehe auch Volksstimmebeitrag vom 15. August dieses Jahres zum Inhalt dieser Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie unsere Stellungnahme der Bürgerinitiative zu diesem Untersuchungsgegenstand). Die Abgeordneten konnten mit diesem Gutachten die Funktion einer Vorentscheidung für einen möglichen Ausbau ausüben. Zumindest wird dieses von den meisten so gesehen. Das Gutachten wurde von der Mehrheit der Stadtverordneten angenommen. Dabei trat ein Kuriosum ein: Hier wurde eine Vorentscheidung eines 70-Millionen-Vorhabens ohne Prüfung der Planungsgrundlagen getroffen. Denn gerade die Planungsgrundlagen durften von der Wibera im "Wirtschaftlichkeitsgutachten" nicht geprüft werden! Lesen Sie dazu mehr in unserem Brief an die Stadträte vom 05.06.01! Ein weiteres Kuriosum: Nachdem das Wirtschaftlichkeitsgutachten durch den Stadtrat angenommen worden war, verkündete OB Dr. Trümper eine Haushaltssperre. Hatte er das nicht schon vor der Abstimmung gewusst und hätte es der Glaubwürdigkeit halber nicht vorher sagen müssen? Sein Ja in der Abstimmung ergibt keine Logik. Die Volksstimme berichtete von dieser Stadtratssitzung am 18.August 2001 mit dem Artikel "Mehrheit für Entwicklungsplanung". Ab dem nächsten Abschnitt können sie die einzelnen Redebeiträge der Abgeordneten genauer studieren. Weiterhin können Sie in der nächsten Woche (Samstag) in unserer Homepage die Kommentierung der Redebeiträge der Stadtverordneten durch unsere Bürgerinitiative nachlesen. Nach den jetzt aufgeführten Redebeiträgen schließt sich das Resultat der namentlichen Abstimmung an. Hier eine Zusammenfassung des Redebeiträge der Stadtverordneten in der Stadtratssitzung vom 16.08.01. durch die Bürgerinitiative: Zunächst stellte Herr Brüning (PDS) klar, dass seine Fraktion nicht gegen den Flugplatz, sondern gegen den Ausbau ist. Aus Sicht des Landes sei der Flugplatzausbau mit 50 Mio. DM nicht finanzierbar. Das Gutachten sei mit den von vielen erhofften Sätzen versehen worden, um einen Rechtfertigungsnachweis der Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Als Beispiel nannte er die Wortkombination „trifft ein, wenn..“ Eigenartig
sei, dass in der "Mittel- und langfristigen Unternehmensplanung der
FMG" steht, dass das Land Linienflug organisieren soll. Er
sprach sich statt einer Erweiterung für eine intensivere Nutzung des
Flugplatzes aus. Die JAR-OPS 1 treffe in der Regel nicht für die
derzeitigen Flugzeuggrößen zu. Die
Kosten von 1,2 Mio DM an jährlichen Zuschüssen relativierte er: Neben
Mieteinnahmen und Landverpachtungen von Grundstücken, die die Stadt der
FMG überlassen hat, entstünden so weitere Fehleinnahmen im Haushalt der
Stadt, so dass die jährlichen Zuschüsse in Wirklichkeit über 2 Mio DM
ausmachen. Zum
Privatisierungsantrag für die FMG sagte Brüning, dass dieser Antrag
zumindest Ergebnisse liefern kann, über die dann diskutiert werden könne. Als
nächster Redner fragte Herr Buller (FDP), welche Präferenzen der
Flugplatz in Magdeburg gegenüber dem in Cochstedt hätte. Seiner Meinung
nach fehle ein vergleichendes Gutachten, aus dem man die entscheidenden
Schlüsse für die Beantwortung der Frage „Welcher Flughafen ist
wirtschaftlicher?“ ziehen könne. Er nannte vor allem, dass die 20
Minuten Fahrzeit, wiederholtes Argument der Ausbaubefürworter, kein
Hindernis darstellen. Herr
Meister von B90/Die Grünen – Future forderte eine sachliche
Diskussion auf den PDS-Vorschlag der Privatisierung der FMG.
Wirtschaftlichkeit stehe bei unternehmen als Begriff dafür, dass man
keine Verluste mache. Es muss die Frage gestellt werden, ob der Ausbau dem
Bürger aus der Sicht der Ganzheitlichkeit nützt und wie sich der Ausbau
auf die Wirtschaft in Magdeburg auswirke. Dass
das Gutachten zum Thema Wirtschaftlichkeit eigentlich keine Aussage mache,
sei nicht Schuld der Wibera, sondern der Formulierung des Auftrages. So
wurde z.B. formuliert, dass die Mittel- und langfristige
Unternehmensplanung „sorgfältig erarbeitet“ worden sei. Das sei
jedoch keine Beantwortung auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Der
Anstieg der Betriebskosten bis 2006 spreche nicht für die
Wirtschaftlichkeit. Eine Verringerung der Zuschüsse werde es nur dann
geben, wenn es ein Wachsen des regelmäßigen Luftverkehrs gebe, woran er
aber zweifelte. Er begründete das mit einem fragwürdigen,
explosionsartigen Anstieg der Verkehre, die ab 2007 mit Wachstumsraten von
bis zu über 100% erfolgen sollen, den er als „hochgradig unglaubwürdig“
bezeichnete. Er verwies darauf, dass sich die Verkehrsströme auf 2 Flughäfen
aufteilen würden. Bei
einem Nichtausbau könnten Sondergenehmigungen für größere Maschinen
erteilt werden. Herr Meister befürwortete eine Zusammenarbeit mit
Cochstedt, um vorhandene Ressourcen zu nutzen. Da das aber nicht
Bestandteil des Wirtschaftlichkeitsgutachtens war, lehne er das Gutachten
ab. Herr
Stern (CDU) verwies zunächst darauf, dass seine Fraktion jahrelang
mit Bürgern gesprochen hätte. Jeder Ausbau führe auch naturgemäß
immer zu Widersprüchen. Aber eine Prüfung sei erfolgt. Herr
Stern nannte Dortmund, für die der Flugplatzausbau der Startschuss für
eine sich entwickelnde Wirtschaft gewesen sei. Mit
vielen Befragten sei man sich einig gewesen, dass es zu einer rasanten
Entwicklung des Luftverkehrs kommen werde. Als negativ bewertete er die
Stellung des Landes, welches sich immer noch nicht entschieden hat.
Nachzulesen sei das im Protokoll der Landtagssitzung vom 29.06.01. Das
Gutachten sei ein uneingeschränktes Testat für die Mittel- und
langfristige Unternehmensplanung, so Stern. Positiv bewertete er, dass die
Gutachter eine vorsichtige Schätzung der Daten voraussetzten. Ob die
Prognose haltbar sei, beweisen die Aussagen der ADV (Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Verkehrsflughäfen), die eine deutliche Sprache sprechen. Auch
hat das Oberverwaltungsgericht Naumburg in einem Widerspruchsverfahren die Prognose nicht
beanstandet. Auch die IHK Magdeburg und Dessau hätten für die Wirtschaft
eine klare Aussage getroffen. Auch die Ständige Regionalkonferenz hätte
sich für einen Ausbau ausgesprochen. Den
Sendebeitrag in „Monitor“ [zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgestrahlt
– d.A.] nannte er für die Stadt Magdeburg imageschädigend. Er machte
den Vorschlag, dass die Magdeburger auf diesen Sendebeitrag mit einem
eindeutigen Votum pro Flughafenausbau antworten sollten. Wenn
Braunschweig, 65 km von Hannover entfernt, ein Planfeststellungsverfahren
von 1600m auf 2600m vorantreibe, ist das die Antwort Niedersachsens auf
das Problem Magdeburg. Nicht Cochstedt sei das Problem Magdeburgs, sondern
der Flughafen Braunschweigs. Herr
Westphal (B90/Die Grünen/Future) wandte sich zunächst an Herrn Stern
und Herrn Nietsche von der CDU. Gerade diese beiden Abgeordneten hätten
sich in der Vergangenheit mit Vehemenz für die Herausarbeitung regionaler
Aspekte in den Vordergrund geschoben und dafür plädiert, dass Magdeburg
sich auf die umliegenden Regionen besinnen sollten. Aber gerade diese
beiden Herren denken beim Thema Flugplatzausbau nicht regional, so
Westphal. Auf
die Frage, ob Magdeburg einen Flugplatz benötigt, antwortete er mit ja.
Aber das hieße seiner Meinung nach nicht automatisch, dass sich dieser
Flughafen in den Grenzen Magdeburgs befinden müsse. Wenn sich vor einigen
Jahren nicht die Langenweddinger gegen dieses Projekt gestellt hätten, wäre
der Flugplatz jetzt dort. Und keiner wäre auf die Idee gekommen, sich an
der Entfernung dieses außerhalb der Stadtgrenzen liegenden Flughafens
Anstoß zu nehmen. Selbst OB Dr. Trümper hätte eben noch vor 15 Minuten
vom regionalen Denken gesprochen, und jetzt stemme man sich schon wieder
dagegen, Cochstedt als Alternative in die Überlegungen einzubeziehen. Zu
Cochstedt machte er folgenden Vorschlag: Falls die dortige Gesellschaft
pleite gehe, solle es vielleicht so wie mit dem Spaßbad Nemo gemacht
werden: Wenn der Flugplatz erneut ausgeschrieben werde, so Westphal,
solle die Stadt doch den Flughafen für 20 Mio. DM kaufen! Dann bräuchte
in Magdeburg nicht mehr ausgebaut zu werden, es würden 20 Mio. DM
gespart. Mit Blick auf die CDU erwähnte er, dass seinetwegen auch Fechner
als Flugplatzchef in Cochstedt neuer Chef werden könne. Man
solle also neue strukturelle und strategische Wege gehen. Das wurde jedoch
nicht getan. Man solle sich den Beschluss über einen Ausbau neu überlegen! Frau
Paasch von der SPD nannte das Vorhandensein eines großen Flughafens
als entscheidendes Kriterium für die Großinvestition von BMW in Leipzig.
Sie argumentierte, dass Magdeburg unbedingt mithalten müsse, um gewisse
Standards zu bieten. Dazu zähle auch eine akzeptable Fluganbindung. Zu
Cochstedt sagte Frau Paasch, dass Cochstedt zwar schnell erreicht werden
kann, wenn die B 81 ausgebaut worden sei. Da das aber derzeit noch nicht
geschehen sei, und deshalb erteile sie Cochstedt eine Absage. Herr
Brüning (PDS) machte auf das Hickhack in der geschichtlichen
Entwicklung des Flugplatzes bzgl. des Ausbaus aufmerksam. Seiner Meinung
nach wurden hinter den Kulissen die Leute so lange von der Flugplatzlobby
bearbeitet, bis diese sich anderes entschieden hätten. Man hatte
systematisch auf einen Ausbau hingearbeitet. Erste Resultate sprechen
jedoch eine klare Sprache: Das Terminal stehe seit 1999 leer. Zur
IHK-Umfrage berichtete er, dass Fraktionsmitglieder der PDS mit Vertretern
der IHK gesprochen haben mit dem Ergebnis, dass in der IHK keine Überlegung
zu Cochstedt angestellt worden sei. Jeder hätte auf die IHK-Umfrage, ob
man denn vielleicht von Magdeburg mit dem Flugzeug fliegen wolle,
wahrscheinlich pauschal mit „ja“ geantwortet. Herr
Prof. Dr. Krampitz von der PDS verwies auf den Redebeitrag von OB Dr.
Trümper (vorangegangener TOP, dort zu Fragen der finanziellen Lage der
Stadt Magdeburg und der damit verbundenen engen Spielräume). Die Gelder
seien dafür einfach nicht da. Man würde den OB mit einem positiven
Ausbaubeschluss in Nöte treiben. Die
Durchführung von eventuell später möglichen Flügen Magdeburger nach
Teneriffa nannte er eine Blendwirkung, wo man doch immer als Ausbaubegründung
die Landemöglichkeit von Geschäftsreisenden nenne. Die
Wibera sei erschreckt gewesen über die Fragen, welche die PDS im
Wirtschaftsausschuss gestellt hat und die durch sie eigentlich geprüft
werden sollten. „Das ist uns von der FMG so gesagt worden“, hätte man
als Antwort bekommen. Prof.
Krampitz verlangte eine selbstschuldnerische Haftung. Was jetzt als
Gewinne und Erfolge versprochen werde, müsse auch eingehalten werden. Herr
Mai von der SPD forderte einen Abschluss der Rednerliste, die noch
vier Redner enthielt. Es sei alles gesagt worden, so Mai. Mit
einer Mehrheit, die von der CDU sowie großen Teilen der SPD getragen
wurde, stimmte man diesem Antrag zu. Herr
Bischoff von der SPD befürwortete das Gutachten. Man habe sich mit
der Wibera zusammengesetzt und Fragen gestellt. Zu den Prognosen sagte er,
dass er diesen glaube, weil er selbst keine besseren habe. Kommunikation
und Verkehrswege nannte er als wichtige Kriterien für eine sich
entwickelnde Region. Die Flugplätze hätten somit großen Einfluss auf
diesen Prozess. Zum
Flugverkehr bemerkte er, dass das, was jetzt von Magdeburg fliege, ab 2004
nicht mehr fliegen könne. Herr
Stern von der CDU führte ein IHK-Zitat vom 31.05.2001 an, welches die
Ausbauhaltung dokumentiere. Herr
Berfelde von der PDS sagte Frau Paasch (SPD) zugewandt, dass sie und
Frau Budde zur Kommunalwahl und auch zur Landtagswahl tief nachgedacht und
geschwankt hätten und erinnerte an die Stellungnahmen, die in einer größeren
Bürgerversammlung in der Siedlung Hopfengarten abgegeben wurden. Es
verwies auf die Mängel des Gutachtens, die sich vor allem im Fundament
desselben befänden. Sie würden alle auf Annahmen beruhen, die nicht geprüft
worden sind. Damit sei nur an der Oberfläche gekratzt worden. Zum
Argument von Frau Paasch bzgl. des Ausbaus der B 81 argumentierte er, dass
das dort ausgegebene Geld nicht nur der Stadt Magdeburg nütze, sondern
vor allem einen großen Aufschwung für den Harz und das Harzvorland
bedeute. Mit einem Ausbau des Flughafens würde eine funktionierende Straße
abgewrackt und statt dessen einen neue mit viel Geld aufgebaut. Er
frage sich, warum sich die Ausbaubefürworter vor einer Ausschreibung der
Privatisierung des Flugplatzbetriebes fürchten. Hinweisend auf die
Tatsache, dass die Ausbaubefürworter immer mit dem Argument der Regelung
der Wirtschaft durch den Markt argumentieren, sagte er: Entweder, der
Markt sehe einen Bedarf, oder er sieht keinen. Derzeit sei keiner zu
erkennen, so Berfelde. Er beantragte die namentliche Abstimmung. Oberbürgermeister
Dr. Trümper (SPD) sagte, dass das Thema Flugplatzausbau nicht ohne
Emotionen ablaufen kann. Auch er fühle sich unwohl. Für den OB sei eine
Wirtschaftlichkeit keine Frage eines Gewinns oder eines Verlusts. Niemand
weiß, ob eine Prognose eintrifft. Den
Flughafen Cochstedt bezeichnete er als eine Misslichkeit. Es gibt den
ausgebauten Flughafen Cochstedt. Zwar früher,1997, als Frachtflughafen
mit Gewerbegebiet gedacht. Heute sei das aber Makulatur. Es gäbe in
Cochstedt derzeit keinen Ansprechpartner, mit dem man verhandeln könne. Man
weiß nicht, was kommt, so der OB. Vielleicht Cochstedt, vielleicht
Magdeburg, vielleicht aber auch Cochstedt und Magdeburg. Es müsse eine
Entscheidung getroffen werden. Das Land hat die Misere geschaffen, jetzt
muss sich das Land entscheiden. Er verwies auch auf die Monitor-Sendung,
die das Dilemma ausgemacht habe, dass an zwei Standorten das Geld für
eine Fluganbindung ausgegeben werde. Magdeburg
brauche eine Fluganbindung. Egal, wie das Ergebnis heute ausfällt, so OB
Dr. Trümper, dies sei noch lange keine Entscheidung zum endgültigen
Ausbau des Flugplatzes Magdeburg. Eine weitere Drucksache mit einem
Beschluss sei nötig. Zahlen
könne man glauben oder nicht. Jetzt müsse der Druck auf die
Landesregierung ausgeübt werden. Daraufhin
erfolgte die Abstimmung. Der Antrag der PDS auf Privatisierung der
Flughafen Magdeburg GmbH [FMG] wurde mehrheitlich, vor allem mit den Stimmen der
CDU und der SPD, abgelehnt. Der Antrag auf Annahme des Gutachtens der
Wibera, das die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Mittel- und
langfristigen Unternehmensplanung zum Inhalt hatte, wurde mehrheitlich,
vor allem mit den Stimmen der CDU und der SPD, angenommen. Dabei ergab die
namentliche Abstimmung folgendes Ergebnis: Hinweis: „Ja“ bedeutet, dass dem Gutachterergebnis zugestimmt wurde, „Nein“ das Gegenteil. Angaben ohne Gewähr
In der darauffolgenden Pause wurde von OB Dr. Trümper mitgeteilt, dass auf Grund der finanziellen Lage der Stadt Magdeburg eine Haushaltssperre verhängt werde (siehe auch Volksstimmebeitrag vom 15. August dieses Jahres) Sie können Ihre Meinungen Fragen und Hinweise, hier als E-Mail an uns schicken! |
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